Die Nutella - Das Nutella - Der Nutella
Unentscheidbar, irrelevant, eine Chimäre, die ewig junge Kinderfrage: Wie geht es weiter nach dem Abspann? Wie gestaltet sich das weitere Leben des Helden? Bekommt Bruce jetzt endlich Kinder mit seinem Weibe, steht er nun geläutert da, nachdem er zum x-ten Male die Welt vor Sumpf und Terror gerettet hat sowie die wahr- wahrhaften Werte (die Liebe, natürlich) realisiert? Wir wissen es nicht. Wir können es nicht wissen und wir sollten es auch nicht wissen wollen, jedenfalls nicht vom Welten-Erfinder. Im Wesen der Fiktionalität begründet liegt nämlich gerade, dass solches ganz im Auge des Betrachters bleiben muss.
Genauso müßig an sich, sich über die Semantik von Kunstwörtern Gedanken zu machen aber doch im Alltage nicht ganz zu vermeiden für jene, die am Frühstückstisch beispielsweise aufgefordert werden: "Gib mir mal bitte die Nutella!"
Das Deutsche kennt nur wenige Nomen auf a aber doch erscheint dieser Vokal tatsächlich eher feminin konnotiert. Man denke nur an Bananen, Angela oder die Saat. Aber die Nutella? Ich weiß nicht. Der Nutella? Der maskuline Artikel konterkariert den elegischen Schwung der italienischen Vokal-Akrobatik; der Verweis auf den elliptischen Charakter (das Nutella-Glas) befriedigt auch nicht so recht und selbst die Pressestelle des Ferrero-Konzerns gibt sich unentschieden.
Wie aber nun mit dem Blog? Man liest und hört bei Kennern ein ganz und gar selbstverständliches das. "Das Blog des chinesischen Dissidenten so und so." Warum?
Blog ist ja nicht einfach nur ein zusammengesetztes Kunstwort, es ist viel schlimmer: Es ist ein aus englischen Bestandteilen zusammengesetztes Kunstwort! Da steckt Log drin, Web, World. Maskulin angelsächsisch knapp- einsilbig kommt es daher, wie Bond. James Bond. 1 Silbe plus noch eine Silbe = der Mann. Aber im Blog eben auch die g-Endung, wie in der Weg, der Gang, der Sieg, der Sarg, der Tag. Der Blog ist da folgerichtig und logisch. Die Indizien sind eindeutig: Ich plädiere für Chinesen, die den kritischen Blog schreiben und nicht das!
jagothello am 04. September 11
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Leseliste mal anders
Lesen vereinsamt. Stimmt melancholisch, danach depressiv (oder kennt jemand einen Depressiven, der zunächst nicht gelesen hätte?!). Entfremdet von ihr und ihnen. Macht faul. Vereigenbrötelt. Fördert Bewegungsmangel und damit unerfreuliche Leiden wie Fettleibigkeit, Herzinfarkt, Impotenz, Schlaganfall, Ödeme. Trainiert, was kein Mensch (mehr) braucht: Lesefähigkeit, Verständnis, Konzentration, Denken, Rechtschreibung. Ist anstrengend. Hindert daran, wichtige Dinge zu tun- z.B. Einkaufen gehen und Fernsehen gucken. Macht klug statt schlau. Müde. Verursacht Rückenschmerzen.
Unwetterwarnungen für Mogadischu und Lampedusa
Meine Wetter-App zeigt für Addis Abeba und Mogadischu (Region) seit Wochen fallende Temperaturen an, Schauer und Regen. Ironischerweise leiden die ostafrikanischen Massen aktuell nicht nur unter der Dürre der letzten Jahre und ihren schlimmen Folgen, sondern auf ihren oft endlosen Fluchtstrecken neben der ständigen Bedrohung durch Räuber und wilde Tiere auch unter dem Regen, der in die provisorischen Schlafstätten eindringt.
Die Gründe des Elends sind vielfach beschrieben, für einen Laien wie mich zumeist nachvollziehbar. Insbesondere leuchtet ein, dass kurzfristiges Helfen (so notwendig es sicherlich ist) an den Ursachen nicht rüttelt. In ein paar Wochen ist das westeuropäische Sommerloch ohnehin gestopft mit anderen Themen; spätestens, wenn Angie Sarkozy wieder residiert, werden Meldungen über neue Milliardenhilfen für abgewrackte EU- und Industriestaaten sowie systemrelevante Banken die Nachrichtenlage auf´s Neue dominieren. Vom Zweikampf Bayern-BvB und den herbstlichen Großoffensiven der Fernsehsender im Allgemeinen mal ganz zu schweigen. Aus ist es dann mit der Konjunktur für Mitmenschlichkeit, Mitleiden und also Hilfe.
Von den Idiosynkrasien unserer Noch-Wohlstandsgesellschaft, den katastrophalen Wetterphänomenen, unter denen die Menschen in Ostafrika derzeit (und in Zukunft?) zu leiden haben, und auch dem anarchischen Gemeinwesen-Chaos vor Ort aber einmal abgesehen: Der Westen (das ist: jeder Privilegierte!) muss auf Dauer die Frage beantworten, wie er sich stellt zu der Tatsache, dass millionenfach gehungert und gelitten wird auf der Welt. Das ergibt sich unmittelbar aus unseren eigenen kulturellen Traditionen, aus unserem christlich-jüdisch-aufgeklärt-humanistischem Erbe. Er wird, soweit er sich eben jenem verpflichtet fühlt und sich auch künftig auf eben jenes berufen möchte, nicht umhin kommen, über Verantwortung nachzudenken, über Ursachen und über Konsequenzen- über change. Den El Quaidaisten mit ihrem "Ihr habt keine Ethik, keine Prinzipien, keine Werte" keine Chance!
Die 5,-€ Spenden-SMS an Unicef, wie gesagt, langt nicht mehr (ich habe sie soeben zweimal versandt! Oh Gott...). Vor dem Hintergrund der Monstrosität des Dramas ist das einfach zu wenig. Zumal: Das Elend ist bereits angekommen an den Grenzen der EU, es greift über und wird sich so ohne weiteres nicht wieder auf seine kargen, verbrannten Steppen zurückziehen.
Wasser privatisieren wie es der Nestlé-Chef Brabeck-Letmathe vorschlug, mag ein präventiver Ansatz sein? Die Zielrichtung natürlich müsste sich richten auf eine Solidaritäts- und Stützungsmaßnahme zugunsten der Deklassierten in Afrika und anderswo. Weit mehr müsste das aber sein als ein Reklamegag zu egoistischen Zwecken. Ich wäre dann jedenfalls dabei und würde darüber hinaus ein paar Pfündchen riskieren mit 5-Minuten-Terrinen, Nesquick oder Snickers.
Recht getan und doch im Unrecht!
Viel wird derzeit nachgedacht über die Frage, ob die Folterung des Täters Gäfgen angemessen war vor dem Hintergrund, dass der Verbringungsort seines Opfers rasch ermittelt werden musste, um es gegebenenfalls retten zu können. In seltener Eintracht war sich Volkes Stimme einig mit der Polizei: Jawohl, dem Täter auf´s Maul, damit er die Wahrheit ausspucke. Genutzt hat es dann nichts, wie man weiß. Der Dienstherr sowie die Strafjustiz hat die Frage bekanntlich bereits ein wenig anders bewertet. In dem milden Urteil gegen den Vernehmungsbeamten schimmerte jedoch Sympathie mit seinem Tun hindurch; aber doch: Es gab Sanktionen und damit eine Unrechtsvermutung.
Nun wurde auf die Klage Gäfgens hin auch eine zivilrechtliche Bewertung vorgenommen und siehe da: Das Gericht kommt zu einer unumstößlichen Einschätzung, trennt Verantwortung & Schuld für die Untat vom gesetzlich verbrieften Anspruch auf rechtsstaatliche Behandlung und spricht dem verurteilten Mörder 3.000,- € Schmerzensgeld für erlittene Traumatisierungen zu. Landauf, landab nun natürlich Empörung, Toberei und Widerstand. Verständlich, einerseits.
Andererseits geht es zur Beurteilung eines solchen Falls nicht ohne eindeutiges rechtliches, moralisches und v.a. demokratisch legitimiertes Bezugssystem. Dieses liegt vor und zwar in Form der einschlägigen Gesetze. Die Richter, also text- und geisteswissenschaftlich gestählte Hermeneutiker, haben es sich, so meine Vermutung, mit ihrer Entscheidung gar nicht großartig schwer machen müssen: Zu offensichtlich der Sachverhalt, zu deutlich das psychologische Gutachten, welches die seelischen Folgen der angedrohten Folterung beschreibt, zu offenkundig die Nicht-Gesetzeskonformität des Polizisten.
Wer, so frage ich, bezieht sich von all den Urteilskritikern eigentlich noch derart differenziert auf ein ethisches Wertesystem und kommt auf der Basis von rationalen Erwägungen zu einem- meinetwegen anderen- Urteil? Denkbar wäre das bsp., wenn die Strafprozessordnung behördlich angewandte Folter zuließe, was sie aber aus guten Gründen eben nicht tut. Man denke nur an die zahlreichen Zielkonflikte, die der polizeiliche Vernehmungsalltag fortan mit sich brächte sowie unzählige neue Missbrauchstatbestände. Von einer Verwischung der Gewaltenteilung, Kernelement unserer demokratischen Verfassungsordnung, ganz zu schweigen. Nein, nein: Bloße Betroffenheit, bloßes Meinen reicht im Kontext der rechtlichen Würdigung nicht. Eine andere Entscheidung des Gerichtes war gar nicht möglich.
Ein anderes Tun des Polizisten aber auch nicht! Jedenfalls kein befriedigendes. Mich erinnert die Situation, der er sich entgegensah, an die berühmten Dilemma-Probleme Lawrence Kohlbergs, an denen er exemplifizierte, wie Moral sich ausbildet und v.a. zu welchen Stadien ihrer Entwicklung sie geführt werden kann im Laufe eines Lebens. Zum Beispiel: Ein Spaziergänger überquert eine Brücke, unter der Bahnschienen verlaufen. Von rechts sieht er einen Güterzug sich nähern, von links einen Personenzug. Beide fahren auf demselben Gleis. Unter der Brücke bewegt sich eine Weiche, um den Güterzug umzuleiten; sie klemmt. Schnelles Handeln ist erforderlich. Um hundertfaches Menschenleben zu retten, stößt der Wanderer einen beleibten Menschen, der auf dem Geländer der Brücke sitzt, auf die Gleise hinab. Sein Gewicht löst die Weiche aus, er stirbt, doch die Züge verfehlen sich.
Kohlberg beschreibt sechs Stadien der moralischen Entwicklung zwischen reiner Autoritätshörigkeit (
Gut ist, was die Mutter sagt.) und Orientierung am kategorischen Imperativ Kants, etwa:
Mein Handeln ist geeignet, um jederzeit als Maßstab für Entscheidungen anderer Menschen zu gelten.
In Stadium 5 bereits, das längst nicht alle Menschen erreichen, nimmt der Mensch eine Art Metaperspektive ein zu den vorherrschenden Regeln und Werten seiner Gemeinschaft. Sie bilden nach wie vor den maßgeblichen Orientierungsrahmen für jegliche Beurteilung auch eigenen Verhaltens, können aber unter bestimmten Bedingungen modifiziert werden. Dies geschieht aber nie im Sinne eigener Interessen, sondern um übergeordnete, weithin akzeptierte Ziele zu verfolgen; etwa, einen entführten Bankierssohn zu retten oder einen Personenzug vor dem Entgleisen zu bewahren. Die partikularen, geschützten Rechte einzelner werden im Zuge eines Interessenabgleichs bewusst und aktiv verletzt; wohl wissend und in Kauf nehmend, dass die Rechteverletzung dazu führen kann und wird, Sanktionen zu erleiden. Eine Situation also, die weit über die Legitimation des sog. Nothilfetatbestandes des StGB hinaus geht.
In solch einer Lage befand sich der vernehmende Beamte; wünschenswert wäre gewesen, dass die Richter, trotz ihres abschließenden, korrekten Urteils, sie gewürdigt oder zumindest dargelegt hätten. Sie haben es nicht getan und damit versäumt, die Kluft zwischen dem Rechtsempfinden der Laien und ihrer professionellen Perspektive zu verringern. Bedauerlich!
Ich weiß nicht, ob Polizisten mit Kohlberg vertraut gemacht werden. Ich wünschte und hoffte aber, dass es mehr Menschen in unserem Gemeinwesen gäbe, die es ebenso wie der nun ein zweites Mal verurteilte Beamte bis hinauf auf die fünfte Stufe schaffen.
Gigantische Schweinchenpreise
Mittlerweile schon über 25 Millionen Euro wert: Schweini
Weltstar Bastian Schweinsteiger, Spielmacher bzw. maßgebliche Hälfte der
Doppel-6, zudem Meinungsführer, Alpha-Männchen und Herz des FC Bayern, dank geschickter PR eigentlich nur früher mal ein
Schweini (ich halte es für angemessen, das wie andere Werbung auch zu ignorieren), heute aber ein
leader vor dem Herrn, weltläufiger Lebemann und Gatte einer wahren Top-Lady, erfreut sich seit neustem über einen persönlichen Marktwert von 25 Millionen €. Dies berichtet die SZ in ihrer Ausgabe vom 30./31.07. Es ist ihm hinten und vorne nicht zu gönnen. Ich komme gleich darauf zurück.
Die Titanic moniert in ihrer Juli-Ausgabe, die Weltrangliste der Fußballnationalmannschaften heiße nun nicht mehr "Weltrangliste", "FIFA-Weltrangliste" oder so, sondern "FIFA-Coca-Cola-Weltrangliste". Sie hält das für verwirrend, weil unvollständig und besteht auf Genauigkeit. Ihr Gegenvorschlag:
FIFA/Haribo-Gummi-Gaudi-Sarotti-Edel-Halbbitter-Bahlsen-Crispini-Bäckerkrönung-Biskuit-Obsttortenboden-Nordfrost-Kühl-Gefrierkombinations-Studentenfutter-Wasa-Crisp´n-Light-korrupte-Arschgesichter-Weltrangliste. Unter den gegeben Bedingungen eine ganz ausgezeichnete Idee und nach vierstündigem Auswendiglernen geht´s mir auch schon ganz gut über die Lippen. Die gegebenen Bedingungen allerdings sind nur als
schweinisch zu bezeichnen, das muss man leider sagen.
Namensakrobatik einerseits und inflationäre Schweinchenpreise andererseits verweisen nämlich auf einen skandalösen Zusammenhang; die gnaden- hemmungs- und uferlose Kommerzialisierung des Fußballsports.
Nichts im Grunde gegen einen anständigen
Tellerwäscher- Mythos. Die beispiellose Wandlung des Vorstadtprolls Lukas mit unterdurchschnittlichem Hauptschulabschluss und polnischer Lieblingsoma zum gefeierten Poldi-Prinzen und Polizisten- Bescheidsager ("Hey, wissenSe eegentlisch, wär isch binn?") gibt schließlich tausenden Deklassierten und Abgehängten Hoffnung. Irgendwie geht es auch ohne Potenzrechnung, Gerundium und Zeichensetzung. Und vielleicht sogar ziemlich gut.
Warum aber wird so übertrieben? Warum wird der Besuch im Signal-Iduna-Park wichtiger als das Mitleiden mit Bootsflüchtigen und Hungernden? Als Solidarität mit Arbeitslosen und Kranken? Wo kommt die Bedeutung her? Diese unerhörte
Relevanz? Sky-Abo 32,90€ im Monat, exorbitante Gebühren für das Staats-TV zwecks Produktion fader Konservenware in Form von Szenenschnipseln, zugekleistert mit dumpfer Kommentatoren-Prosa, endlose Werbeunterbrechungen und debilen Gewinnspielen, Stadionpreise auch für schwache Partien in Höhe von 42,90€, sitzend (das immerhin) ganz oben links. Fragt denn da mal einer nach (außer ich)? Oder geht das in unserer postkritischen Kommerzlandschaft gar nicht mehr?
Schweinis Chefs, dem Lippstädter Glücksschwein Kalle Rummenigge sowie Schweinswürstchen-Baron Hoeneß, ist all das noch viel, viel zu wenig, denn in Barcelona zahlen die Leute schließlich 300,-€ für das Stadion und in England das Dreifache für das TV-Abo, damit der 21-jährige Messi auch schön die 17 Millionen Festgage kassieren kann und der russische Öl-Fritze bei Chelsea die Milliarden-Rendite verteidigt.
Ich bin, man ahnt es ja nun, für moderate Preise in diesem Bereich, gegen die tollwütige Raserei, für mehr Besonnenheit; ein Freund rationaler Verwendung unserer Ressourcen (einschließlich meiner eigenen!). Das Schweine-System gehört bekämpft und kaltgestellt! Kein Schweinchen sollte mehr Geld verdienen als ein Bauer, ein Metzger oder ein LKW-Kapitän. Dann kann es auch endlich wieder "Weltrangliste", meinetwegen "FIFA-Weltrangliste" heißen.
Wellness mit dem Führer
Ab und an komme ich gerne nach Wuppertal. Die Stadt steht in ihrer Hässlichkeit Hagen kaum nach, gar keine Frage. Zweifelsohne ist sie bankrott, pleite, müsste an sich abgewickelt werden. Die reichen Vettern in Düsseldorf haben aktuell noch etwas dagegen. Vielleicht, weil man, so wie ich, die Kuriosität der bergischen Käfferwelt irgendwie mag! Es gibt hier eine schwebende Bahn, mit welcher die Menschen kirmesgleich über ihrem namensgebenden Flüsschen kreisen. Manchmal stürzt aus ihr herab gar ein Elefant. Das Tanzen der Welt und von ihr wurde hier erfunden und berühmte Versöhner-statt-Spalter stammen aus ihren Betonwüsten. Und Geschichte hat die Stadt.
Immerhin verdiente sich J. Goebbels in Wuppertal-Elberfeld erste Sporen als rednerischer Heißsporn. Die rheinische Mundartfärbung sollte er von hier aus in die ganze Welt tragen:
Däs hätt de Welt nääämlisch noch nisch jesehn. Als Hitler (der mit dem rosa Kaninchen) ihn Mitte der 20iger-Jahre zu einem Instruktionstreffen aufsuchte, entstand im Rahmen des Wellnessprogramms in der "Schankwirtschaft COJITO" unter politisch motiviertem Ausschluss des Autonomen Schwulenreferats der Rheinisch-Bergischen Universität zu Wuppertal dieses damals wie heute durch nichts und niemanden autorisierte Foto.
Hang zur Zucht: Der Führer
Auch später stattete Adolf Hitler dem Bergischen immer wieder einmal freundliche Besuche ab. Man sollte aus solchen Fotos sicherlich nicht zuviel schließen, fest steht aber, dass das COJITO klaglos die Verfolgungs- und Gewaltexzesse der Geheimen Staatspolizei gegen die perversen Ausschweifungen der Zeit überstand und bis heute ein einträgliches Auskommen fristet. Fahren Sie doch einfach einmal hin, nach Wuppertal.
god save america (und uns)
Amerikas Republikaner-Clique stimmt der fiskalischen (vorläufigen) Rettung des Landes unter zwei Bedingungen zu: Die notwendige Schuldenneuaufnahme wird mittels kreativer Tricksereien ausschließlich auf dem politischen Sündenkonto der Obama-Demokraten verbucht und zwar trotz und wegen der Zustimmungsbedürftigkeit bei den xxx- Billion- $- Kriegstreibern. Der Grund: Wahltaktik. Genauso wichtig: Die Reichen bezahlen nix. Wenn der antiamerikanische Untriebling nicht will, dann lässt er es halt. Die Großbanken werden auch diese nationale Katastrophe in Mulattengestalt noch 1,5 Jahre halbwegs unbeschadet überstehen.
Den Niedergang der westlichen Demokratien europäischer Prägung verstehe ich vor dem Hintergrund einer solch perversen Korruptheit, deren Nutznießer immer dieselben sind: Machtgeile Politiker, autistische Banker, reaktionäre Besitzstandwahrer. Wiederholen Sie, Max Liebermann: "Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte." Ich auch nicht.
jagothello am 16. Juli 11
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Das Ich: Schwebegut in stoffloser Wolke
So neu ist die iCloud ja gar nicht. Ich habe schon vor 3 Jahren mit der Jobschen Wolke unter mobile me experimentiert. Das erschien mir damals alles wenig hilfreich. Größere Datenmengen hochzuladen scheiterte ganz schnell am Physischen, nämlich an einer zu lahmen Uploadgeschwindigkeit (
Datei-Upload beendet in: 4 Stunden 44 Min). Und richtig frustrierend wurde es, wenn der Server ungefragt begann, statt von der einen in die andere Richtung zu synchronisieren, wie Apple das Vernichten von bestehenden Daten nennt.
Sicher und ja, man kann das steuern, man kann das kontrollieren. Den Endgeräten kann der findige
user anbefehlen, die Daten auf dem Heimrechner zu belassen und nur die auf dem Server anzupassen. Nur:
Wer kann das steuern?
Wer kann das befehlen? Ich jedenfalls wackele da immer.
Falscher Mausklick, fatale Konfiguration bei Itunes und schon löst sich die Musikbibliothek des Töchterchens synchronisierenderweise in 10 hoch 41 Atome auf (übrigens höchst interessant dieser Aspekt: Wohin verschwindet, was verschwindet? Der interdisziplinäre Lehrstuhl
theologische Informatik wäre ein zu gründender), oder, noch schlimmer, wird ersetzt durch jene des Nerd-Papas. Wie ich die Tränchen des Mädchens trockne? Das ist Steve gleichgültig aber wer weiß, vielleicht ja gibt´s bald eine App dafür. Man empfehle aber bitte keine Taschentücher; das wäre gar zu zynisch.
Hier könnte mein Beitrag zuende sein, müsste vielleicht sogar, um doch endlich mal knapp und lesbar zu sein. Immer diese Schwadroniererei. Das ist furchtbar! Es geht aber um die Zukunft und da kann ich es mir so einfach nun einmal nicht machen. Die Zukunft jedenfalls, so die Apologeten der digitalen Träume, liegt definitiv in jener Wolke und diesmal nicht wegen irgendeines technischen Firlefanzes oder eleganten
Neu-Gadgets. Diesmal geht es um Höheres; um nichts weniger nämlich als um die Neuerfindung des Ich.
Das Ich definiert sich bei den Wolkenbewohnern neobuddhistischerweise über Objektlosigkeit des Besitzes einerseits. Und andererseits über die Vorstellung, dass alles, was des Besitzes überhaupt lohnt, Platz findet in jener imaginären Wolke (die prosaischere Menschen auch ruhig "Server" nennen dürfen). Ironischerweise also, wenn auch ex negativa, über den Besitz. Seltsam genug. Aber mit Seltsamkeiten hat man es ja allerorten zu tun und warum sollte das ausgerechnet anders sein, wenn es um die Neuerschaffung menschlicher Identität geht.
Hergezogen: Das Ich
Was findet nun also in solch einem Wölkchen Platz!? Alles, natürlich! Und nichts weniger. Was uns eben so ausmacht. Musik natürlich, Bücher, Ideen, Bilder, Gedanken. Aber auch soziale Kontakte organisieren die Anhänger dieser neuen Ich-Idee als Schwebegut in virtueller Wolke und nennen das dann
facebook oder
twitter.
Leo Babauta (
How to minimalism in steps) reitet der Bewegung als einer ihrer Zeremonienmeister im Wolkenkuckucksheim gewissermaßen vor, hoch zu Ross- natürlich. Ein
Zen-Minimalist, der sich seines irdisch-schnöden Besitzes weitgehend entledigt hat. Auf kritische Einwände findet er umstandslos metaphysische Entgegnungen; Kernkompetenz eines jeden Sektenführers!
Ärgerlicherweise bedarf aber auch Zen-Leo ultramoderner High-End-Geräte, denn so ganz wird Steve Job sich selbst nicht virtualisieren. Bekanntermaßen bleibt bei Apple auch die wolkigste Geschäftsidee immer hübsch der Produktfamilie verhaftet: Kein
star star star der Stones aus der Wolke ohne Ipad, Iphone, Ipod, Imac, Istar, Iweiß-nicht-was. Denn trotz aller Bekenntnisse: Die Welt verändern will die Apfel-Philosophie nicht und ohne stoffliche Gebundenheit gibt´s nun mal keine materiellen Status-Symbole, von und mit denen es sich so prima leben lässt.
Von Doofmannwörtern und Adidas-Jäckchen
Die Buddenbrooks- Gäste freuen sich nicht auf´s Essen, sondern "verbleiben eines nahrhaften Bissens gewärtig." Thomas Manns Joseph "liebt" nicht, sondern "nähert sich einer Sphäre verliebter Wollust". Dergleiche artifizielle Wendungen wirken sicherlich einigermaßen verschroben. Doch ist ihnen eigen auch ein enorm ironisches Potential, welches sich einer analytischen Beschreibung weitgehend entzieht, jedenfalls mir. Man ist, um es wahrzunehmen, auf Intuition und Empfindung angewiesen, vielleicht auf Genussfähigkeit. Ästhetische Qualitäten sind das, die kaum zu greifen, nicht zu lehren sind. Und so ist das generell mit der Textkunst: Durch ihre
gemalten Fensterscheiben blickend empfinde ich Leuchten und Klingen; doch was da leuchtet und klingt? Und warum eigentlich? Ich weiß es nicht so genau.
Ich weiß aber, dass sie treu und zuverlässig sind- diese leuchtenden und klingenden Empfindungen. Meine Intuitionen stimmen, die mit ihnen verknüpften Urteile auch, jedenfalls oft... Und das gilt für eigentlich alle ästhetischen Phänomene: Ein hübscher Junge dekoriert sich mit der lässig übergestreiften roten, grünen oder schwarzen Drei-Streifen-Jacke auf das Allervorteilhafteste. Tauscht er sie ein gegen die zugehörige Hose- schon sieht´s prollig aus, irgendwie scheiße. Warum ist das so?
Genauso rätselhaft verhält es sich mit Sprache, diesem vielleicht spektakulärsten Aspekt menschlicher Evolution. Über den Sonderfall der Amerikanisierung des Deutschen ist ja
hier und
dort einiges gesagt worden. Indem das denglische Geschwafel Anlass gibt zu humoristischen Betrachtungen und beißendem Spott ist es mir natürlich absolut willkommen.
Solchen verdient haben aber natürlich auch ganz andere Verbal- Erscheinungen, zum Beispiel die Doofmannwörter, vor allem die Doofmannwörter. Was sind Doofmannwörter? Doofmannwörter sind Wörter, die Doofe sagen, weil sie doof sind. Sie sind doof, weil sie Doofmannwörter sagen; indem sie Doofmannwörter sagen. Leute sind das, wie der Kölner "Kulturredakteur" Markus Schwering, dessen
hanebüchne Geschwätzigkeit ich stilistisch irgendwo zwischen den Formalismen der Unteren Landschaftsbehörde und dem Jargon der stylishen Kultur- Lebensart- Schickeria verorte.
"Verorten"; das ist so ein Schweringsches Doofmannwort. "Sottise" ist auch eins. "Freilich" erst recht. Der "Gutmensch" gehört dazu, die "Evaluation", das "fürderhin", die "Lehrkraft", das "aufputzen", "Aspekthafte" und "Nämliche"; "selbstredend".
Wörter, die ich hingegen gerne mal öfter läse (neben all den hübschen Erscheinungsformen des Konjunktivs I), sind "vorsprechen", "anheischig machen", "Pampelmuse" (überhaupt alles mit "muse" oder "Muse"), "höchlich", "unken", "spähen", "löblich", "obwalten" und 126 weitere. Was sie unterscheidet von den Wörtern der Doofmänner- und frauen? Wie gesagt: Ich habe keine Ahnung.
jagothello am 18. Juni 11
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I´m on the right track, baby.
Heidi kommt gerne mal zurück in die alte rheinisch-bergische Heimat. Bei Muttern gibt es Schwarzbrot mit Leberwurst. Die Wege sind kurz und gepflastert mit ein wenig Wehmut, wie man sie verspürt, wenn man die wohlig-altvertrauten Pfade der Kindheit beschreitet. Das Inkognito funktioniert. Die Welt ist hier ohnehin ein wenig dezenter als in den glitzernden Zentren der neuen Welt- Heidis Welt.
Die paar Schritte vom Elternhaus zum Grandhotel schlendert sie gerne zu Fuß herüber. Hier ist heute Angelina Germanotta aufzuwarten, ebenfalls Bürgertochter, die sich auf Heidis Bitte hin hier einquartierte. Angelina ist die Großmeisterin der Häutung, der Verwandlung- die Welt nennt sie Gaga, Lady Gaga. Ob denn alles gut ist, bei Lady Gaga?
Auch Ruth Pfau hat heute Termin. Aufzusuchen ist der König des Schrotts, der Fürst einer monströsen, vergifteten, ekelhaft- stinkenden und lebensfeindlichen Müllwelt. Der unumschränkte Herrscher des größten Elendslums Karachis- weitaus größer als Bergisch-Gladbach.
Wie Gaga-Lady Angelina weiß Ruth, was eine Metamorphose ist. Vor 50 Jahren konvertierte sie zum Katholizismus, schloss sich einem Orden an, studierte Medizin, um für tausende Menschen in den Elendsquartieren des 15-Millionen-Molochs Pest und Cholera zu besiegen. Dem Schrotthändler will sie für die ärmsten der armen Slumbewohner Vermarktungsrechte abhandeln. Sie sollen, ohne den Umweg über Haji Jalaluddin gehen zu müssen, auf den Müllkippen eingesammeltes Altmetall nach China verkaufen dürfen. Dazu muss eine Logistik aufgebaut werden. Es braucht Kompetenz und Infrastruktur, denn Mülltrennung ist ein schwieriges Geschäft. Ruth verfügt über Kontakte nach Europa. Man kann helfen. Doch die Details sind vor Ort zu klären. In Karachi. Haji ist wenig begeistert. Er zahlt doch? Er hilft, wo er kann- oder etwa nicht?
Ihre 83 Jahre sieht man der Schwester an, doch auch ihre ausdauernde Zähigkeit. Sie kämpft. Notfalls muss es eben ohne den Patron gehen. Es geht ja auch ohne den Papst. Denn wie Haji Jalaluddin ist auch Benediktus skeptisch, wenn der Dienstweg nicht eingehalten wird. Und der führt ganz sicher nicht über stinkende, glühend heiße Müllberge in Karachi. Doch Ruth bleibt gelassen: "Der Papst kann mich in theologischen Fragen beraten. Er kann mir aber nicht sagen, wie ich meine Arbeit machen soll."
Auch Lady Gaga, Stil- Pop- und Fashionikone, ist cool und kennt die Bedürfnisse ihrer Klientel. Natürlich, sie freut sich auf die Show, morgen. Die Unterbringung im Schlosshotel ist angenehm. Der 3-Sterne-Koch gibt sich redlich Mühe. Alles ist gut, um das klar zu beantworten. Ein Küsschen hier, ein Autogramm dort. Nein, einen Funken sprühenden BH wird sie nicht tragen. Und ja, jeder gute Song dreht sich um Sex. Die Jugendlichen sollen sich Zeit mit dem ersten Sex lassen. Heidi strahlt.
Ruth wirbt um ihr Sterilisationsprojekt. Schwangerschaften stehen Frauen auf den Müllbergen der 3. Welt nicht gut durch. Verhütungsmittel sind unerschwinglich. Dennoch kommen die Männer des Nachts zu ihnen. Ein einziger hat dem Eingriff zugestimmt. Nicht bei sich, wohlgemerkt; bei seiner Frau.
Showtime: Heidi tänzelt über den Catwalk, 18.000 Menschen kreischen, pfeifen, johlen, zücken das IPhone, verfertigen Videos, fotographieren. Heidi fällt rückwärts in die Arme von T & T, ihren Mitjuroren. Postmoderne Ekstase.
Eine verschleierte Frau bringt ihren Sohn zu Ruth. Er leidet unter einer Gehirnschädigung. Nährstoffmängel. Die 83-Jährige verrichtet an ihm Physiotherapie. Das Telefon klingelt. Ein Notfall: Heroinschock beim Ehemann einer der Frauen im Slum. Ruth schnappt sich ihr Kopftuch und eilt davon.
Auch Lady Gaga trägt Kopfschmuck. Eine giftgrüne Perücke. Sie sitzt am Klavier und singt ohne weitere Begleitung. I´m beautiful in my way. Cause god makes no mistakes. I´m on the right track, baby. I was born this way. Atemberaubend. Atem raubend.
jagothello am 10. Juni 11
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