September 2025 |
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Beste Pulmonata,
kennt ihr Woody Allen? Ich möchte nicht durch meine Werke unsterblich werden. Ich möchte unsterblich werden, indem ich nicht sterbe. Meiner Familie, den Menschenartigen, gilt solch Aphorismus als Ausweis fluiden Geistreichtums, von welchem ihr ganz offenkundig nur träumen könnt. Mir ist völlig unbegreiflich, warum Jean Piaget das Wesen der Intelligenz ausgerechnet an eurem Beispiel erkunden wollte. Zu meiner Befriedigung ist es ihm nur höchst unzureichend geglückt.
Schneckig. Nackt. Immer auf dem Weg.
Ausgesprochen unintelligent nämlich zeigt ihr euch an feucht-warmen Sommertagen auf all meinen täglichen Wegen, wo euch eine Woody-Allensche Unsterblichkeit nicht sonderlich angelegen zu sein scheint. Zu Millionen kreuzt ihr, eklig anzusehen in eurer feisten Fleischigkeit und zum Gotterbarmen schutzlos, Wald- Wiesen- Straßenwege, um von einem Nassbiotop ins andere zu gelangen; Fahrrädern, Autos, Schuhsohlen und Hunden jederzeit auf das Tödlichste ausgeliefert- ohne auch nur den geringsten offenkundigen Nutzen. Der Rückbau der körpereigenen Behausung soll einen evolutionären Vorteil zeitigen? Das ist lächerlich! Das ist absurd!
Aber gut. Auch meine Familie kennt Krisen und die Beispiele schreiender Unvernunft sind Legion. Der Mensch wird geboren als Genie und stirbt als Idiot; noch so ein Sinnspruch, der die Verfassung meiner Art ganz gut kennzeichnet. Ich gebe es zu. Ihr aber sterbt nicht bloß als Idioten. Es ist bedeutend schlimmer!
Es mag ja noch angehen, dass ihr auf euren Kriechrouten den kürzesten Weg verschmäht, um euch zwischendurch auf dampfenden Hundehaufen zu Dutzenden zu laben und solcherart einen unfassbar abstoßenden Anblick vorstellt. Dass ihr euch von dort aber von gar nicht zu überhörenden Schreikrähen wegpicken lasst (behauptet bloß nicht, ihr könntet nicht hören!), die euch tags darauf verdaut auf meinem Auto ausscheißen, wo ihr, vermengt mit allerlei Magensäurehaltigem, den Lack zersetzt: das nehme ich euch wirklich übel! Meine Spazierschritte werde ich zukünftig jedenfalls weniger rücksichtsvoll zu setzen wissen. Grußlos- J.
Welcher Teufel nur ritt die sonst geschätzte Nachbarin, bei Wein und Käse den gemeinsam beobachteten Flug der Fledermäuse in der Dämmerung zu kommentieren mit: Und rubbeldiekatz is se verschwunden! Wir kennen uns ein Weilchen und auch sonst sehe ich nicht aus wie jemand, der in abendlicher Vertrautheit mit Zitaten aus dem Kleinkinderreservoir belegt werden möchte. So etwas verdirbt mir die gute Stimmung. Und das nicht nur wegen des Befremdens, welches mich rubbeldiekatz frösteln macht, wenn ich ohne jegliches Einvernehmen, bar jedes Einverständnisses auf bizarre Redensarten reagieren soll, sondern auch deshalb, weil ich zum Komplizen einer mittlerweile unerträglich um sich greifenden Infantilisierung einvernommen werden soll. Als würden die heute fähnchenschwenkend Corso hupenden und wegen eines Gegentores morgen flennenden Jungmänner allerorten nicht schon langen.
Erst wusste ich gar nicht so recht, was das heißen soll: rubbeldiekatz. Sprechpragmatischer Zusammenhang und semantische rubbel- Konnotation prägten aber dann umso nachdrücklicher die Intuition: Da muss es um ein neues Pflänzchen auf dem Wörterfeld der Zügigkeit gehen. Hier aber steht doch schon einiges herum? Bewährtes, Vernachlässigtes, Schönes. Es muss durchaus nicht immer schnell oder fix zugehen. Flugs und rasch wären ganz gut gegangen, wacker oder gar katapper hätten den Dialog um eine ironische Note bereichert, aber nein: Es musste ein Lehrstück geboten werden deutscher Biederkeit und Anpassungsbereitschaft an das allzu Forsch-Witzige, getarnt als Kinofilmtitel.
Zwischen zwei Alternativen war nun zu wählen: Rubbeldiekatziger Aufbruch oder fesseln der Nachbarin, füttern mit einer Handvoll Kieselsteinen und Stigmatisierung mittels eines Westerwellschen Pferdebrandstempels. In Ermangelung des Letzteren tat ich dann ersteres; meinen Wein trank ich aber doch noch aus. Der war gar nicht schlecht.
Zwei Tage später stellte sich dann exakt dasselbe Problem und zwar nach einem Gespräch mit dem Erzieher der Körper der Kinder meiner Klasse 7; Rubbeldiekatz waren die vom Schauplatz der regengepeitschten Bundesjugendstätten entwichen, hatten also Reißaus vor hiobmäßigem Unwetter genommen, weswegen nun klärende Hintergrundgespräche zu führen waren, denn so geht es ja nicht! Keinen Sportsgeist, die verweichlichten Zuckerschlecker.
Doch wie beraten mit einem Akademiker, der sich intellektuell an putzigen Wortspielereien für Vierjährige orientiert? Da kann er sich ja gleich in Micky-Mouse-Unterhose vor mich stellen und um ein Gespräch bitten. Schlimm genug, dass der Kindsgeist mir auch noch kräftemäßig überlegen ist, weshalb ich an grausame Züchtigungsmaßnahmen in diesem Fall nicht ernsthaft denken konnte. Meine Rache fiel entsprechend mau aus: Gesprächswünsche wegen Termindrucks nur in meinem Dienstzimmer nach vorheriger Vereinbarung mit der Sekretärin. Von wegen rubbeldiekatz mal eben so!
Der Monet da unten passt, ein wenig umgedeutet eben als Sonnenuntergang zur Tragik des Tages: Nein, nicht dem Niedergang der niederländischen Fußballkunst. Ein wenig zu ihm auch. Mehr aber noch dem Untergang des hellenistisch geprägten Abendlandes, welcher unmittelbar bevorsteht, wenn nach den heutigen Wahlen die Raubtiere endgültig sich des Landes bemächtigen um sich ihre Obolusse, von welchen in der Antike acht die eine Handvoll Drachme bildeten (von denen wiederum heutzutage viel zu viele weggeworfen werden), zu sichern.
Alldieweil spielt das deutsche Staatsfernsehen Ringelpietz im Altenheim. Traumschiff hier, seniorengerechte Fernreise dort, garniert mit der allgegenwärtigen Kickerei und Anschmachterei und Anwanzerei all der Ollis, Schollis, Kathis und Waldis. Letzte Bastion der Aufklärung und Kritik bleibt die gute, alte Tante Lindenstraße- behaupte da noch jemand, der Sendeauftrag werde nicht erfüllt.
Layout by ichichich.