Im Gewicht ein ich

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« neuere Einträge «
Donnerstag, 24. November 2011
Charlotte Schwering-Overath

auf seinem neusten Friedhof richtet Umberto Eco, Simon Simonini, oder wie immer der Identitätengräber beliebt, sich zu nennen, mal wieder einigen Schaden an. Grandios raunt die Presse dennoch reflexhaft, wie immer, wenn il professore sich regt. Mich hingegen langweilt´s, wenn auch nicht auf völlig indiskutablem Niveau. Autistisch selbstverliebte Reflexionen lasse ich nicht als Literatur gelten- schon gar nicht als anregende. Viel zu selten greift er mal dorthin, wo das Leben pulst und wo es interessant (Goethe) zu werden verspricht.
Die Deutschen, das habe ich mir aber -zutiefst beleidigt- sehr wohl gemerkt, rühmten sich angeberisch einer gedanklich-spirituell-melancholischen Tiefe, die sie doch bloß verwechselten mit der Unfähigkeit, in ihrem platten, vagen Kauderwelsch überhaupt irgendetwas Treffendes sagen zu können. Dieses Defizit nun wieder, so der Turiner Zeichenpapst (na ja, sein Protagonist), empfänden sie, also die Deutschen, als Ausweis dafür, dass immer noch etwas mitschwänge, da sei. Dass es also neben, in oder hinter dem Gesagten eine tiefere Schicht und Substanz gäbe oder gebe und auch geben würde!
Wer weiß, was der Herr so rezipiert und mit wem er spricht. Vielleicht liest er meine Zeilen. Vielleicht aber auch den Kölner-Stadt-Anzeiger. Den dort fabulierenden, hier schon mehrfach geehrten Markus Schwering etwa oder auch diese wirren Beobachtungen aus dem Sportteil: Wolfgang Overath besitzt die Gabe, unheimlich emotional werden zu können. Unter solchen Eindrücken ist geschockte Sprachkritik sicherlich am Platze. Andererseits gibt es sie doch durchaus auch; deutsche, schöne, tiefe Tiefe- sogar in durchaus doppeldeutigem Wortsinne. Man muss, wie es sich für einen Literaturiotiker an und für sich ziemte, nur einmal genauer umsehen, um dann ganz, ganz schnell auf Megaseller Charlotte Roche und ihre erstklassigen Bedeutungsspielereien zu stoßen: Wenn ich mit jemandem ficke, trage ich doch mit Stolz sein Sperma in allen Körperritzen, an den Schenkeln, am Bauch oder wo der mich sonst noch vollgespritzt hat. Nein, Signore Eco, Oce oder Ceo- seien Sie nicht gar zu streng mit dem Deutschen und seinen Sprechern: da ist gehöriges Potential an Klarheit, Bedeutung und Wohlgestalt.

jagothello am 24. November 11  |  Permalink  |  0 Kommentare  |  kommentieren



Montag, 21. November 2011
Hühner hängen und peitschen

Im Kölner Norden existiert eine Wald- Kulturlandschaft, die mir perfekt zu symbolisieren scheint, wie es so zugeht in diesem rheinisch-sumpfigen Städtechaos. Es handelt sich um einen sogenannten "Bruch", was wohl so viel bedeutet wie "Brach"; also ein Areal, in dem konzeptionell verbrämt alles liegen gelassen wird, wie es gerade fällt, ganz so wie ja auch im Asphaltdschungel etwas rheinaufwärts. Wenn also wieder einmal ein Kyrill lospustet und alles umstürzt, was nicht 5 Meter im Erdreich verankert steht, gibt es keine Försterei, die hinterher aufräumt und sei es auch nur, damit Besucher dieser merkwürdig-vorzeitlichen Flora sicher hindurch kommen. Man sagt: So war es früher auch. Naturnah ist, wenn der Mensch nicht hineinpfuscht in Gottes Sturmplanungen.
Ein zutiefst Kölscher Gedanke! Wer da Indolenz wittert, hat nicht 25 Jahre seines Lebens (oder noch länger) hier verbracht. Der Kölner, der dörfliche zumal (also der ursprünglich-typische), pflegt intensive, archaische Emotionen, die ihn beispielsweise zu Karneval an der alten Tradition festhalten lassen, Hühner zu hängen und zu peitschen. Manchmal nennt er solche Gelüste Katholizismus. Ähnliche Impulse steuern auch die hiesigen Verwaltungsbeamten, wenn sie sich weigern, den wichtigsten Panoramaweg der Stadt vis á vis des Doms zu pflastern, auf dass die Überseebesucher (es gibt sie!) nicht im Morast stecken bleiben auf ihrer tour through europe oder durch winzige bauliche Maßnahmen Autofahrer an Rheinfähranlegern vor dem todbringenden Sturz in das reißende Gewässer zu schützen. Jürgen Becker greift solche Karnevalisierungen des Alltags in seinem neuen Programm auf. Wenn Sie also mal im Rheinischen sind... Schauen Sie vorbei bei ihm. Er macht Schnittchen und zapft ein Kölsch dazu.
Der Bruch stellt alldieweil einen durchaus authentischen Kontrast dar zu der hektarweiten Zuckerrüben- Monokulturlandschaft insbesondere der nördlichen Nachbarschaft. Geographisch genauso nah (und daher gab´s vor 650 Jahren ja auch eine Berserkerschlacht) ist die Luxus- Kö, doch emotional: so weit weg wie Karlsruhe.
Diese Fauna: Wo kann man schon Nachtigallen trällern hören, Pirole pirolen oder Grünspechte und aus den Tropen umgesiedelte Sittichvögel beim Nisten ausspähen? Störche gibt es hier, Bibergetier, Erdkröten und Blindschleichen. Im letzten Januarschnee, ich schwöre es, stand ich plötzlich in der Abenddämmerung einem Fuchs gegenüber, Aug in Aug. Das war ein perfekter Moment, magisch- wäre das kein Klischee. Kurz nur, aber intensiv. Selbst das Blättersäuseln ebbte ab für diesen Augenblick, als heilige er sich selbst.


Mein Weg durch den Bruch, neuerdings gern auch
mit Hund


Ich habe schon einen Moment gewartet beim Fotografieren, um die Laubstimmung einzufangen und Passanten passieren zu lassen. Aber nicht besonders lange! Es ist wirklich ruhig hier, still und einladend. Trotz allem nämlich und seltsamerweise hat die landschaftliche und soziale Umgebung eine kontemplative, besinnliche, manchmal inspirierende Wirkung. Hier hecke ich Schülerattentate aus, wehrhafte Schreiben gegen die Horden der mich bedrängenden Internetgangster von PayPal, mydownload.de usw. oder gerne auch Steuererklärungen. Zu meinem sprunghaften, unsteten Charakter, der mich rasch abschweifen lässt, passt dabei ganz vortrefflich, dass bei all dem eigentlich immer wenig herauskommt. Außer vielleicht dem wolkigen, dumpfen Gefühl, dass es doch mal wieder gut war. Oder alternativ dazu, dass alles gut wird. Was nun wieder sich vorzüglich verträgt mit der Mentalität des Milieus, das mich hier umgibt. Das ich bilde.

jagothello am 21. November 11  |  Permalink  |  2 Kommentare  |  kommentieren



Montag, 7. November 2011
Adornodiktum

Die alten Landkarten zählen nicht mehr, ruft Eric Hobsbawm aus, der bald hundertjährige Marxist, Berlin-Ägypt-Amerikaner, Philosoph und Historiker. Er beschwört eine fundamentale Krise der Gegenwart, beklagt den Verlust verbindlicher Orientierungen. Gott? Tatsächlich tot. Religion und Kirchen geben keine Antworten auf die Fragen unserer postmoralischen Epoche. Kapitalismus? Wachstum? Die Konsumgesellschaft? In exakt jener katastrophalen Verfassung, die Marx vorhersagte, unwillig, sich zu erneuern, getrieben von immanenten, scheinbar geisterhaften Kräften. Die Sozialdemokratie? Immerhin ein marxistischer Verwandter? Kannibalisiert sich selbst. Wirkte erst mit an der Abschaffung der Arbeiterklasse, um heute zusehen zu müssen, dass es andere Wähler nicht gibt. Bildung? Bloß noch eine vage Idee der PISA- Globalisten und Identitätsverkäufer der Bertelsmann-Stiftung, losgelöst von jeglichem verbindlichen, humanistischen Menschenbild. Und es geht weiter!
Im Deutschland meiner Aufwachszeit gab es ein weiteres, wirkungsmächtiges Regulativ, eine moralische Richtschnur, ein Maßstab, an dem sich Denken, Handeln und Sprechen zu orientieren hatte: Das Postulat Adornos nämlich, dass Auschwitz nie mehr sei. Dies bedeutete, dass sich zum heute diffamierten Gutmenschen ausbildete, wer unter Hitler im Gepäck litt, was hieß: Militarismus ablehnen, interkulturell denken, sich also dem Fremden gegenüber offen und freundlich gegenüberstellen, moralische und menschenfreundliche Standards als Richtschnur für Politik und Ökonomie zu entwickeln und einzufordern, Kritik und Widerspruch.
Verwandt mit all dem war natürlich die geistige Regsamkeit, ohne welche das gute Menschensein nun einmal nicht zu haben war. Eine Mentalität bildete sich aus, die intellektuell befähigte und forderte. Bildung! Bildung bildete sich da.

Bildungserlebnisse in diesem Sinne, selten angenehme, übrigens, wurden mir gerne wochentags gegen 13.30 Uhr am heimischen Mittagstisch zuteil, wenn sich der Frust (und der saß tief) der elterlichen Wutbürger Bahn brach in hitzigen Debatten zwischen den Kaltkriegspolen Ost versus West und sie mich Nachwuchsdialektiker hineinzerrten in die oft genug verheerenden ideologischen Grabenkämpfe, zu denen sich unscheinbare Zeitungsimpulse zur Gesamtschuldebatte, dem THTR oder dem sogenannten NATO-Doppelbeschluss rasch auswachsen konnten. Das schärft. Den Verstand. Mittun, Eifern war heilige Kampfespflicht, denn steinig und schwer, das spürten wir Beladenen, war der Weg zum Adornodikt.
Auch diese Landkarte heute: Ausgelöscht. Zur Fußnote zerflossen unter dem herrischen Schlussstrich. An dem pinseln neoliberale Globalisten und Bequemlinge schon seit Jahren herum, vollendet haben ihn die Hedonisten; endgültig wahrscheinlich im Sommer 2006 anlässlich des märchenhaft-nationalen Kicker-Taumels. Beladen wird nicht mehr, höchstens geladen; gebrütet vorrangig über den iPhone- Support- Sites, gerungen, gezwitschert, wie man ja nun sagt, im 140-Zeichen-Takt via Twitter. Ausländer findet man vor allem dann wieder gut, wenn sie 80.000,-€ p.A. verdienen oder wenigstens Kalifornier sind. Dass C&A nun H&M heißt und weltweit operiert und jeder nach Belieben geil sagen darf, fällt da kaum noch ins Gewicht. Warum so bärbeißig? Es muss irgendwann einfach auch mal gut sein!

jagothello am 07. November 11  |  Permalink  |  0 Kommentare  |  kommentieren



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