Ding, Dinge, Dinger
Das Ding lauert überall: Die Bayern gewinnen es. Manchmal auch Schalke. Mein Ding sind beide nicht so recht. Im Fußball tummeln sie sich überhaupt: die Dinger: "Was für ein Ding." Es ist schwer zu halten, manchmal auch toll, respektive: "klasse". Die "Klasse" ist kongenialer Partner des Dings. Nichts ist super, prima oder spitze; alles ist klasse- vielleicht mal was "schön"; das aber selten. Neulich gewann Marc Cavendish das Ding im Spurt und zwar zwischen Salies-de-Bearn und Bordeaux. Insgesamt gewann das Ding natürlich Contador; sozusagen das Gesamtding. Bei der Leichtathletik-EM neulich in Barcelona (oder fand das Ding nur im Fernsehen statt?) wimmelte es nur so von Dingern: 100m-, 200m-, 5000m- Dinger wurden gewonnen und verloren. Stabhochsprungdinger, Hammerdinger, Speerwurfdinger, Weitsprungdinger.
Ich schwöre: In NRW verloren das Ding die SPD und die CDU gleichermaßen!
Ein Lehrer bin ich
und auch sonst ein Mensch mit bescheidenen Fähigkeiten- wie ich frei nach G. Meyer-Vorfelder, ehemaligem Positionsträger allüberall, mal ganz bewusst meiner selbst feststelle.
Ich unterrichte Deutsch, Erziehungswissenschaft und Mathematik. Erziehungswissenschaft ist sicherlich die Disziplin mit dem größten, unmittelbaren Nutzwert für die Schüler. Das liegt natürlich einmal daran, dass das Fach sich in allererster Linie an junge Leute ab Stufe 11 richtet. Da kann man von einer homogeneren, interessierten Klientel ausgehen. Es liegt aber auch daran, dass der Nutzwert geradezu didaktisches Prinzip ist. Es gibt abgesehen davon eine sog. wissenschaftspropädeutische Dimension des Fachs aber Vorbereitung auf das Leben in den unterschiedlichen pädagogischen Rollen muss eben immer mitgedacht werden. Das begründet hohe Relevanz und: macht Spaß.
Erziehungswissenschaft ist eine noch recht junge Fachrichtung, in ihrer geisteswissenschaftlichen Ausprägung eigentlich erst mit Dilthey vor so etwa 120 Jahren existent. Empirische, historische, philosophische oder gar psychologische und soziologische Aspekte sind noch viel später dazugekommen. Ein Konglomorat der Fakultäten also, das sich hemmungslos bei den diversen "Hilfswissenschaften" bedient.
Deutsch ist ein Fach, das ganz stark reglementiert ist über Lehrpläne. Es regieren völlig überzogene Ansprüche an 4 Stunden Fachunterricht in der Sekundarstufe I- überladen mit Forderungen an 1.000.000 Kompetenzen, die es herzustellen gelte. Letztendlich verbirgt sich hinter all dem handlungs- erlebnis- und produktionsorientierten Tun die zentrale Forderung, Schriftsprachlichkeit herzustellen. Auch in der Sekundarstufe II geht es im Grunde um nichts anderes, wenn auch im Sinne der Wissenschaftspropädeutik bezogen auf eine universitäre Karriere. Die zentral vorgegebenen Erwartungshorizonte für das Abitur belegen das ganz eindeutig. Ob ein Schüler eine interpretatorische Essenz gewonnen hat aus Schillers Don Carlos interessiert keinen Menschen; wohl aber, dass er formale Analysestrukturen beherrscht. Man könnte sagen: Erzogen werden da Menschen, die das schon Gedachte denken lernen. Das originär Eigene bringt höchstens den Zusatzpunkt. Die Deutsch-LK-Wähler sind fast immer höchst sympathische Leute. Sucher, die etwas verstehen wollen.
Und dann die Mathematik! Die Mathematik. Die Mathematik lehrt das Denken, wenn sie richtig unterrichtet wird. Richtig unterrichten bedeutet: Von einer Problemstellung ausgehen, das Problem beschreiben, umkreisen, einengen, es verstehen. Vielleicht sogar lösen. Das funktioniert natürlich nur, wenn Heuristiken bekannt sind. Die muss Mathematikunterricht vermitteln.
Es ist völlig ausgeschlossen, definitiv unmöglich, einem 14-Jährigem in einem (meist noch improvisierten) Vortrag "beizubringen", wie man die Nullstelle einer quadratischen Funktion ermittelt. Dass es dennoch viele der Kollegen tun, verschärft die Abstraktion (überhaupt sind mathematische Probleme fast immer sprachlicher Art- jedenfalls in der Schule!), begründet schlechte Noten und Frust hüben und Resignation drüben. In kaum einem anderen Fach ist der Lehrer als Arrangeur einer Lernumwelt so gefragt wie in der Mathematik. In dieser Umwelt agiert man dann als kleines Helferlein mal hier und mal da. Vielmehr kann man eigentlich nicht tun, denn letztendlich geht es um die Herstellung von Verständnis und das konstruiert sich nunmal erst im aktiven try & error.
jagothello am 06. August 10
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Tatort
Der deutsche Krimi liegt darnieder. Er darbt. Er ist langweilig, mau, gewollt, gekünstelt- einfach schwach. Beispiel: Tatort- das Flagschiff der ARD. Gepresst in das ewig selbe 90 Minuten- Schema muss diese Produktion immer wieder herhalten, wenn es um die Rechtfertigung der Zwangsgebühren geht. Man hat ja so viel Qualität!
Hat man natürlich nicht. Das Hauptproblem und wohl das große Missverständnis, wegen dem sich Menschen wie ich enttäuscht abwenden: Man missbraucht ein Label, produziert eigentlich gar keine Krimis, sondern mal kleine Kammerspiele, Beziehungs- und Sozialdramen (das ewig ganz, ganz heiße Eisen aus Köln nervt gewaltig!) oder, immer öfter, Komödien. So wie neulich mit Kommissarin "Charlotte Lindholm". Schon der Name dieser Figur lässt böses ahnen- heißen so nicht immer die Partnerinnen von Michael Mendl in den Degeto- Freitagabend-Schmonzetten? Jedenfalls so ähnlich.
Statt eines stringent erzählten Krimis, also einer mit Spannung aufgeladenen, handlungsreichen Geschichte, nach Möglichkeit einer einfachen Spannungskurve folgend (ist doch nicht zu viel verlangt- müssen schon 6-Klässler beherrschen) bekommt man phantasielose Konzeptkunst nach den immer gleichen Mustern vorgesetzt. Spannung sollen diese Filme wohl aufbauen, indem spannungsreiche Geschichten (was man so dafür hält!) um die Beziehungen wahlweise zwischen Kommissar 1 und K. 2., ihren Männern (in Charlotte Lindholms Fall ist es der "beste Freund"; ein verliebter, depperter Volltrottel), Töchtern usw. entfaltet werden. Das ist dann wieder die berühmte "Degetosierung" der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten. Aber: Dieses Erzählmuster funktioniert nicht. Jedenfalls nicht, wenn es einen ganzen Film tragen soll. Da müssten schon gute Storys her und v.a. der Mut, sie auch zu erzählen.