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Kapitalistenschwein der Woche
Bei Kunst gegen Bares (KgB) geht auf die Theaterbühne, wer mag. Dort gibt er zum Besten nach Belieben: Rezitation, Pantomime, Slam-Poetry, Schauspiel, Tanz, Gesang. Wenn keiner mehr mag, bekommt jeder Teilnehmer ein Sparschwein, welches wiederum das Publikum nach Gutdünken stopft. Subvention der Kunst und der Künstler in Abstimmung mit den Füßen. Der Westerwellesche Gedanke in Reinkultur.
Die Palette gestern im Severins-Burg-Theater in Köln-Zollstock reichte von peinlich bis professionell- spannend war alles. Die beste Performance steuerte der Moderator und Hausherr selbst bei mit einem extrem wölfischen Wolf aus Heines Feder: "Bin niemals Hund... ICH bin Wolf..." Außer Konkurrenz dieses, so dass eine Wortakrobatin aus Berlin wohl Kapitalistenschwein der Woche, sprich Gewinnerin, wurde. Ganz verdient aber, denn sie war umwerfend. Jede Woche mittlerweile und echter (!) Kult. Leider passen nur knapp 100 Menschen ins Theater. Geistige Getränke in Strömen, so dass spätestens nach 2 Stunden die Losung des Abends jedem flüssig durch die Kehle kommt: CHI-CHI-CHI - LEE-LEE-LEE (Hab´s auch erst nicht verstanden).
Schicke Party
Gestern war ich auf der Party eines alten, guten Freundes zu dessen 40. Geburtstag. Gefeiert wurde in einem nagelneuen Fachwerk-Stadt-Bistro. Wie das bei alten Freunden so ist: Man trifft Gott und die Welt, fühlt sich wie zu Hause.
Gestaunt habe ich darüber, wie aktiv dieser Freund und seine ihm Anvertraute, die ich noch länger kenne, bei Vollzeitarbeit und zwei Kindern einen ganz neuen Freundeskreis, der nun quasi neben älteren besteht, aufgebaut haben. Das gelingt offenbar ganz ohne Verlust. Völlig unkompliziert feiern da um diese beiden Fixsterne herum 50 Menschen, die sich vielfach vorher noch nie gesehen haben. Es gelingt sogar, die an sich heterogenen Beziehungsgeflechte mehr und mehr miteinander zu verknüpfen. Da gehört viel Freundschaftsarbeit zu, die gerade Eltern neben ihrem anspruchsvollen Alltag sonst nicht so leisten wollen oder können. Ich bewundere das.
jagothello am 29. August 10
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Aus dem Urlaub, aus dem Gesinnungsprekariat
Gerade dümpel ich im Urlaub. Mal wieder in der Soester Börde, wo die Landschaft eben ist, mal aber auch leicht gehügelt, immer bebäumt, grün und... still. Die Felder zeugen von reger Landwirtschaft, die dezent im Hintergrund bleibt und sich nicht aufdrängt wie z.B. im Kölner Norden die ha um ha Monokulturen in der öden Form der Zuckerrübenpflanzungen.
Hier sieht es eher aus wie in der Provence. Die Platanenbepflanzung in den Dörfern fehlt, zugegeben. Alleen gibt es aber auch hier und für Pappeln und jahrzehntealte Kastanien reicht es allemal. Und auch sonst: Grillen, flirrende Luft, goldgelbe Weizenfelder, kleine Bäche, eine lebhafte Fauna.
Inmitten dieser Idylle, unweit des Dreierdorfes HuHeiBü (Hultrop, Heintrop, Bünninghausen) liegt ein Vogel- und Naturschutzgebiet, darin steht ein veritabler Vogel-Ausguckturm. Man kommt heran über einen kleinen Wirtschaftsweg, steigt 70 Stufen hoch und gelangt auf eine 6 qm kleine Plattform, von der aus sich der Blick über die Ebene erstreckt. Die zahlreichen Tümpel werden umstanden und umflogen von allerelei Geviech, dessen Namen ich kaum kenne (mal abgesehen vom "Reh"). Bin schließlich kein Zoologe, Ornithologe schon gar nicht. Die turmeigenen Bildtafeln helfen auch nicht wirklich, denn wie soll ich auf Dutzend-Meter-Distanz entscheiden, ob das Gefieder nun... Und so weiter, und so weiter. Also: Ich komme natürlich wegen der Atmosphäre, der Ruhe und der Schönheit der Landschaft. Ja, sie ist schön! Mitmenschen hier selten, außer ich nehme jemanden mit.
Bemerkte nun also, als ich so da stand und guckte, dass ich in meiner stillen Betrachtung dieses hübschen Umfeldes selbst zum Objekt der Beobachtung wurde: Ein Hase (nein, KEIN Kaninchen!) verharrte im hohen Gras gleich unterhalb des Gebäudes und taxierte mich, fixierte mich. Es entstand Blickkontakt. Für einen kleinen Moment gab es den Anflug des Verstehens, der Übereinkunft zwischen Mensch und Tier. Du hier, ich hier- wir beide bemühen uns um eine Perspektive auf die Welt, in der wir uns nun mal bewegen. Um sie zu verstehen. Übrigens ist das, wenn ich meiner Selbstbeobachtung trauen darf, der tiefere Grund dafür, dass ich einen Blog gestartet habe. Hasen artikulieren sich wahrscheinlich anders. Mit Blicken, mit Mimik aber durchaus, wie ich nun also weiß.
Gelockt hatte mich hierhin aber auch die Rückkehr der Störche in diese Gefilde. Sie ist belegt und wenn ich endlich genügend html gelernt habe, werde ich einen kleinen Film verlinken, den der WDR extra aus diesem Anlass über die Region verfertigt hat.
Ich habe live keinen Storch gesehen, dachte aber, als der Hase sich dann irgendwann beruhigt und gelangweilt zu seiner Häsin verdrückt hatte, an das Urteil in Sachen Thor Steinar vs. Storch Heinar. Die Nazi-Klitsche hat ihren Prozess verloren und muss sich auch weiterhin die Verarsche der Störche Heinars gefallen lassen. Das macht doch Mut und zeigt, wie dem Gesinnungsgesindel beizukommen ist: Mit Witz und Entmystifizierung.
Thor Steinar: Das klingt so schön nach nordischer Gottheit, nach Weltkriegsromantik, nach Heldentum, nach Ruhm und Ehre, nach SS-Kult- nach all dem Driss eben, der einem Durchschnittsnazi so recht und heilig war und ist. Die begriffliche Konfrontation mit dem sympathischen, scheuen Federvieh scheint ihre Wirkung nicht zu verfehlen- sie liegt im kommerziellen Verlust, wo auch sonst. Oder wird sich die grimmig gebende Dumpfbacke auch weiterhin mit einem Label schmücken wollen, das Assoziationen zu einem ulkigen, spindeldürren Tolpatsch aufzwingt? Storch Heinar und Familie Hase: Meine Helden der Woche!
Tulpen in Amsterdam
gestern wie im Traum in Amsterdam. Südländisches Flair, viel Wasser, Boote, lässige Menschen. So undeutsch! Cafetische gleich am Grachtenwasser, garantiert nicht genehmigungsfähige Gefahrenstellen durch Stolperfallen vor dem Ufer, enge Gassen, eine quasi mittelalterlich anmutende Architekturlandschaft. Die sprichwörtlichen Radfahrer en masse verleihen dem Treiben etwas Dörfliches, etwas sehr Langsames. Wer die Altstadt in Nordwest-Richtung immer entlang der Prinsengracht durchstreift, kommt an schönen Antiquitätengeschäften vorbei, an kleinen Bistros, Galerien und immer wieder malerischen Brücken. An der Westerkerk-Kirche gibts die besten Pommes spezial mit Frikandel der Stadt (sagt ein Kollege, der es wissen kann). Die richtige Stärkung, bevor man sich in die Schlange vor dem Anne-Frank-Haus einreiht. Ein beunruhigender, melancholischer Ort (nicht die schlechteste Stimmung für Amsterdam). Der schwimmende Blumenmarkt und ein Espresso an der Leidsegracht beruhigen die Nerven.
jagothello am 22. Juni 10
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