Oktober 2012 |
||||||
Mo |
Di |
Mi |
Do |
Fr |
Sa |
So |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
7 |
8 |
10 |
11 |
12 |
14 |
||
15 |
17 |
18 |
19 |
20 |
21 |
|
22 |
23 |
25 |
26 |
28 |
||
30 |
31 |
|||||
Wie Lance Armstrong habe ich noch nie eine Tour de france gewonnen. Mit FAZ-Lady Heike Schmoll teile ich das Schicksal, keinen einigermaßen zureichenden Zeitungsbericht über eine Schul- und Bildungsthematik, facettenreich wie der Nachthimmel, schreiben zu können. Weitere Gemeinsamkeiten mit ihr gibt es wohl nicht, denn schon bei solch einer simplen Selbsteinschätzung beginnen die Unterschiede!
a) Grundschulen in Bayern sind die besseren! Ich habe nichts gegen Klischees. Klischees ordnen die Welt und geben Orientierung. Ich gebe auch gerne zu, dass das Bundesland Bayern sich zu vermarkten weiß, obgleich man mit Pressesprechern Kummer gewohnt ist. Identitätsstiftend wirken nicht nur Natur, Getränke, Wohlstand, Kultur und Sprache- sondern eben auch Anspruch und Bewusstsein, besser zu sein. Bildungsstudien belegen das für schulische Bemühungen. Und zwar immer und immer wieder. Andererseits ist mit diesen Studien nicht belegt, dass die guten bayerischen Schulergebnisse auf institutionell angestoßene Schulentwicklungsmaßnahmen zurückzuführen sind. Vielmehr lehrt die PISA- Studie, dass in Deutschland generell der schulische Erfolg mit dem sozialen Umfeld unanständig hoch korreliert. In einer wirtschaftlich und damit sozial derart prosperierenden Region wie Bayern (für BW gilt das in ähnlicher Art und Weise) wären also andere Ergebnisse geradezu kurios. Wirtschaftspolitik ist Sozialpolitik, heißt es im konservativen Lager. Wirtschaftspolitik ist aber vor allem Bildungspolitik. Auch das gehört zur Debatte, damit der Blick auf die Ursachen des süddeutschen Bildungswunders nicht verstellt wird, Frau Schmoll.
Gymnasiallehrer beklagen eine schleichende Veränderung des Berufsbildes. Ach, Gottchen! Der Gymnasiallehrer: Kannste kein Griechisch, kannste gar nichts. Und Amtsbezeichnungen... Ich bin Gymnasiallehrerin geworden, weil ich keine Lust hatte, kleinen Gören die Nase zu putzen ist sich Frau Oberstudienrätin M aus S nicht blöd genug, Heike Schmoll ins iPhone zu quäken. Vielleicht ist sie aber auch deshalb Gymnasiallehrerin geworden, weil sie mental, fachlich und kognitiv nicht in der Lage war, Biochemikerin am Max-Planck-Institut zu werden oder Abteilungsleiterin beim Klett-Verlag. Wer weiß?! Gymnasiallehrerin ist M aus S aber ganz offenbar nicht geworden, weil sie pädagogisch arbeiten wollte. Heute kann sie es leider nicht mehr, denn die Turnübungen des Referendariats nimmt ja eine gestandene Kollegin nicht ernst und Fortbildungen...? Fortbildungen sind etwas für Leute, die nicht wissen, wo der Hase lang läuft und zu viel Zeit haben. Für Einsteiger und Weichmänner.
Frau Ms. Sache sind eher Anspruch und Dünkel, Dünkel und Anspruch. Bildungsbedarf haben immer die anderen.
Und auch sonst ein Opfer von Missverständnissen, denn Frau M aus S realisiert erst kurz vor der Pensionierung, dass sie keine Fachwissenschaftlerin ist, sondern Lehrerin, Pädagogin, welch garstig Einsicht! Da hilft nur noch die Klage bei der ollen Tante FAZ: Ablativus Absolutus? Vor Klasse 9 geht da doch heute gar nichts mehr!
Die Helden des pädagogischen Alltags aber, liebe M aus S, das sind ohnehin gar nicht Sie, das sind die Förderschullehrer/innen, die Kolleg/innen an den gigantischen Gesamtschulsystemen im Duisburger Norden, in Gelsenkirchen-Schalke, die die Folgen einer völlig verunglückten Integrationspolitik zu beseitigen haben, die pädagogisch nirgends gefilterten Ausflüsse einer jahrelangen CDU-Verhätschelung privater Schundmedien. Die unter einer unsäglichen Diffamierung des Berufsstandes zu leiden haben, sich alltäglich einer politisch billigend in Kauf genommenen sozialen und ökonomischen Verwahrlosung gegenübersehen. Und da ein Pflänzchen zu züchten, Frau M aus S. Da aktiv aus einer G-Kurs Mathematik 4- eine E-Kurs-Mathematik 4 herbeizupädagogisieren und so den Hauptschulabschluss zu ermöglichen, eine Lebensperspektive zu eröffnen. Dem 14-jährigen Mädchen nicht das verweinte Näschen zu putzen, das müssen Sie in der Tat nicht. Aber es zur Schwangeren-Konfliktberatung begleiten. Lebenshilfe zu geben, mitzufühlen. Das ist A14- Pädagogik. Nicht das, was Sie da machen. Das wird auch gebraucht. Ist aber nicht so schwierig, denn Sie zählen auf stabile Elternhäuser (auf Gentrifizierungsgewinnler, beispielsweise), präparierte Jugendliche, auf Eigeninitiative und generell eine Schülerschaft, die, wäre sie so gestrickt wie Sie sich das vorstellen, Ihrer Berufszunft überhaupt gar nicht bedürfte, denn sie wäre bereits motiviert, klug, intelligent- sie wäre erwachsen und akademisch. Und Ihnen, Heike Schmoll, Ihnen fehlt zu dem Gewäsch dieses Zerrbildes einer ethisch bewegten Lehrkraft Differenz, eine kritische Perspektive, Distanz, mal wieder.
Üben, üben, üben. Ja, natürlich hilft das. Es würde auch helfen, die Sommerferien abzuschaffen. Und es verträgt sich so gar nicht mit dem Bayernmantra, denn jenes betet ja vor, es seien die strukturell entwickelten Maßnahmen, die den Bildungsstandort so weit nach vorne brächten. Und um anderes kann es im Politikteil einer Zeitung auch gar nicht gehen. Ihre Interviewpartner müsste Heike Schmoll in diesem Zusammenhang nach ihrem eigenen Beitrag fragen; wo und wie entwickeln sie ihre Schulen vor dem Hintergrund einer sich verändernden Population? Wo sehen sie ihre eigene Verantwortung? Wie operationalisieren sie pädagogische Konzepte, Standards und Überzeugungen? Mit welchen Technologien erzeugen sie die Bereitschaft und die Fähigkeit, zu üben? Ist ihre Arbeit transparent? Schülernah? ... Professionell? Frau Schmoll?
Layout by ichichich.