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Lernatlas

Ich stehe der Bertelsmann-Stiftung ausgesprochen kritisch gegenüber. Das heißt aber nicht, dass ich ihre jüngsten Abbildungen der hiesigen Bildungslandschaft, den sogenannten Lernatlas Deutschland, nicht als alarmierend empfände, als skandalös obendrein.
Zueigen gemacht hat man sich endlich einmal den Lernbegriff der UNESCO, welcher ein lebenslanges Konzept beschreibt und weitaus differenzierter daherkommt, als diese ewige PISA- Abfragerei 15-jähriger im Multiple-Choice-Verfahren.
Zu 2/3 werden nunmehr Qualität und Quantität von Schule einerseits und Universität & Fachhochschule andererseits gewichtet. Kalkuliert wird zudem mit Bedingungen für lebenslanges, bürgerlich-soziales Engagement sowie persönliches Lernen; gemeint sind damit die regionalen Möglichkeiten sowie die Bereitschaft der Bewohner, Bildungsangebote jedweder Art (auch das gute, alte Buch) zu nutzen.

Die Studie mag methodische Schwächen aufweisen. Problematisch ist insbesondere die Verwendung von PISA- Daten, die nur für die Gesamtrepublik vorliegen bzw. für die einzelnen Bundesländer. Diese (älteren) Daten werden nun im Länderkontext gemittelt: Ein Beispiel: Ludwigsburg schneidet bei PISA sehr gut ab; Heilbronn durchschnittlich. Der Mittelwert aller Kreise und Gemeinden sowie Städte Baden- Württembergs wird nun aber zugrunde gelegt für die Beurteilung der Bedingungen schulisches Lernen in Heilbronn und allen anderen Gebieten dieses Bundeslandes. Hierbei muss es zu Verzerrungen kommen.
Umso interessanter und aufschlussreicher aber dennoch der Tenor der Studie oder besser: die Tenöre, denn es gibt mehrere folgenschwere Ergebnisse:
1. Der Süden (gedachte Nordgrenze so ungefähr von Trier bis Dresden) bietet für jedwede geistig- intellektuelle (und auch sozial-moralische) Entwicklung die besseren Möglichkeiten. Hier gibt es weitaus höhere Vereinsfrequenzen, bessere Schulen zumindest in dem Sinne, dass sie höhere Fachkompetenzen vermitteln (PISA) und mehr sowie qualitativ überlegene Hochschullehre- und forschung. Ein klassisches Nord-Süd-Gefälle tut sich da auf, wie man es bislang vor allem aus Italien zu kennen glaubte oder aus Gesamteuropa. Aber nein: Die Grenze verfestigt sich mitten im Lande!
2. Weite Teile im Norden und Nordosten des Landes sind von Bildung offenbar weitgehend abgeschnitten. Interessanterweise schneiden die südlichen der ehemals neuen Bundeslandregionen weitaus besser ab.
3. Ausgerechnet das mit 18 Millionen Einwohnern größte Bundesland, NRW, verliert weiter den Anschluss und droht vor dem Hintergrund mangelhafter Lern- und Bildungsbemühungen über kurz oder lang auch seine wirtschaftliche Potenz weiter einzubüßen. Die sehr guten Ergebnisse einzelner ländlicher Kommunen wie Coesfeld, Bonn oder Münster, fernab von den Zentren der Strukturkrise, können darüber keineswegs hinwegtäuschen.
Der Kreis, in dem ich selbst mich um das geistig-sozial- moralische Fortkommen junger Menschen bemühe und in dessen Dienste ich auch strukturelle Arbeiten leiste (offenbar nicht sehr erfolgreich), in dem außerdem zwei meiner Kinder beschult werden, sticht NRW-weit ganz besonders heraus. Zum einen nämlich gibt es hier eine enorme wirtschaftliche Kraft und eine Arbeitslosenquote unterhalb des Bayern-Durchschnitts. Der materielle Wohlstand der Menschen an der Schnittstelle zwischen den Kraftzentren Düsseldorf und Köln ist groß. Andererseits schneidet der Kreis bei besagter Studie schlecht ab! Nein, miserabel! Die Stiftung sagt ihm düstere Zeiten voraus, materiellen Abschwung, ggf. Untergang.
Nicht nur ich wirke in dieser illustren Gegend, sondern auch Heinz Hilgers, Präsident des deutschen Kinderschutzbundes. In keiner öffentlichen Veranstaltung versäumt er es, auf die skandalösen Zustände hinzuweisen: Bildungsferne auch der Mittelschicht, kaum Angebote, Wohlstandsverwahrlosung. Westerwelle sprach einmal von spätrömischer Dekadenz. Hätte er sich selbst und seinen Großindustrie-Stromkostensparverein mit einbezogen, wäre das eine soziologisch realistische Analyse des Gemeinwesens gewesen. Hier jedenfalls trifft sie meiner Beobachtung nach zu, wenn auch das Dilemma damit nur ganz vordergründig beschrieben ist. Besser: Ein Ausfluss der Quelle des Übels skizziert ist.
Was können wir lernen vom Sieger der Erhebung, dem Main-Spessart-Kreis? Gucken die da weniger RTL? Daddeln die da nicht soviel auf der Playstation? Vielleicht. Sicher ist, dass es dort bei Vollbeschäftigung und weiteren positiven Sozialindikatoren keine Universitäten gibt, keine Museen und offenbar auch keine fortwährend sich selbst reformierenden Schulen aus dem Geiste angelsächsischer Bildungsstudien. Sicher ist aber auch, dass die Provinz einen traditionellen, offenbar höchst wirksamen Familiengedanken hochhält und mir persönlich scheint dies das Entscheidende zu sein. Kinder, ganz kleine zumal, werden wenig institutionell- konzeptionell, dafür authentisch und natürlich gefördert. Sie wachsen hinein in stabile Strukturen, die emotionale und soziale Sicherheit geben- eine Position, aus der sich Selbstbewusstheit bildet sowie im Idealfall ein Gefühl der eigenen Wirksamkeit einstellt: in der Summe dem, was ich frühkindliche Bildung nenne. Ein solcherart beschriebener Zusammenhang zwischen Lernerfolg und frühkindlicher Stabilitätserfahrung geht weit hinaus über die typischen Klischees vom Proll-Migranten, der in Köln-Kalk jede Statistik verhagelt. Schön wäre es ja- dann wäre das Problem tatsächlich einzudämmen mit integrativen Maßnahmen und schulpolitischen Anpassungen. Was es aber braucht, ist ein geläutertes Kinder- und Familienbild, einen pädagogischen Paradigmenwechsel, von der Politik nicht zu verordnen, sondern bestenfalls zu begleiten und als Leitbild einer zielorientierten Gedöns- ähhh- Familienpolitik ernst zu nehmen. Weniger müßige Ablenkung, mehr aktive Hinwendung. Weniger Spielerei, mehr Spiel. Weniger Staat, weniger Ersatzeltern im Fernsehen, mehr Mütter und mehr Väter. Weniger Reformpädagogik, mehr Rousseau.

jagothello am 27. November 11  |  Permalink  |  4 Kommentare  |  kommentieren




tomkin am 27.Nov 11  |  Permalink
Familienbild
Was es aber braucht, ist ein geläutertes Kinder- und Familienbild, einen pädagogischen Paradigmenwechsel, von der Politik nicht zu verordnen, sondern bestenfalls zu begleiten [...] Dem kann ich ohne wenn und aber zustimmen.

Meines Erachtens liegen die Ursachen dieser Problematik im neoliberalen, eher egozentrisch orientierten Zeitgeist, der seit den 60er/70er Jahren des letzten Jahrhunderts unsere Gesellschaft fest im Griff hat. In dieser heutigen Gesellschaft wird jemand als erfolgreich angesehen, wenn er sich selbst verwirklicht und sich etwas leisten kann. Hat man etwas erreicht, dann gehört man zu den Gewinnern. Wie ist das nun mit Kindern? Kinder bedeuten, manche (oder vielleicht sogar alle) diese Vorstellungen der Gesellschaft von Erfolg hintenanzustellen. Das, was nach dem gesellschaftlichen Zeitgeist erstrebenswert ist, steht den damit verbundenen Einschränkungen diametral entgegen. Statt wirtschaftlichem Erfolg lieber mehrere Kinder zu erziehen wird eben von der Gesellschaft nicht (mehr) als Erfolg gewertet. Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die Geburtenrate in Deutschland im Keller und DINK (double income no kids) inzwischen häufig der primäre Ausgangspunkt der Lebensplanung.

Vertritt man hingegen heutzutage ein eher klassisches Weltbild, das die Familie als Dienst an der Gesellschaft in den Vordergrund stellt, dann stellt man sich gegen diesen Zeitgeist, und steht somit im Extremfall als ewig gestriger konservativer Spießer da. Nun, das alleine wäre ja noch zu ertragen. Aber oftmals wird man deshalb von der Gesellschaft nicht mal mehr für voll genommen, so daß in vielen Familien ein gesellschaftlich verursachter Frust entsteht. Man ist ständig konfrontiert mit der Aussage: Schön blöd, wenn du Kinder hast.

Nun, viele Familien (einschließlich meiner eigenen) versuchen ihr Bestes, auch unter diesen gesellschaftlichen (teilweise widrigen) Umständen, trotzdem eine lebendige, glückliche Familie zu sein. Die Kinder und die Familie bilden den Mittelpunkt. Die meisten, die Kinder haben, wollen diese Kinder auch, und zwar nicht nur weil Frau UvdL ein paar Euro dafür springen läßt. Die Frage ist, geht das nur noch, wenn beide Elternteile arbeiten gehen und die Kinder somit zwangsweise in die Obhut der institutionellen Erziehung gegeben werden? Ich denke nicht. Das ist eine Frage, wie weit man bereit ist, gegen den Zeitgeist anzugehen.

Der Schwerpunkt der aktuellen Familienpolitik liegt auf der Bekämpfung derartiger Symptome der "Zeitgeistkrankheit". Alle diese Anstrengungen können allerdings nur Erfolg haben, wenn
1. der Stellenwert von Kindern innerhalb der Gesellschaft wieder steigt, und
2. sich das Bild von der Familie wieder grundlegend wandelt.

Weniger Staat, weniger Ersatzeltern im Fernsehen, mehr Mütter und mehr Väter. Das wünsche ich mir auch.

damals am 06.Dez 11  |  Permalink
Nun ist Familie auch nicht die Lösung aller Probleme, vor allem nicht des Hauptproblems, das Sie ganz richtig mit "neoliberaler, egozentrischer Zeitgeist" beschreiben. Gegen genau diesen Egozentrismus sind doch die 68er angetreten, als sie sich gegen die Familie wendeten, und es ist eine Ironie der Geschichte, dass es ihnen zwar gelang, das Modell "Familie" nachhaltig zu stören - dass sie gerade dadurch aber den besitz- und gewinnorientierten Egoismus (aus der Famileinenge befreit und) noch mächtiger gemacht haben.
... jetzt jedenfalls herrscht er überall: im Anti-Familien--Trend ("Erst ich - dann die Kinder!") ebenso wie in der konservativen Kleinfamilie ("Meine Kinder gehören mir!").

jagothello am 10.Dez 11  |  Permalink
Gesundes Gedeihen
Die Familie vermag so vieles. Vor allem emotionale Sicherheit geben, von der ausgehend es sich zielführend agieren lässt. Das ge- und beachtete, das geliebte Kind gewinnt Raum, sich in der Schule mit religiösen, künstlerischen oder mathematischen Fragen zu befassen. Das frustrierte Kind hingegen kann gar nicht anders, als anderswo sein Grundbedürfnis nach Anerkennung zu suchen. Und welche Möglichkeiten haben die Nachwuchs-Narzissten, als ihre Ipods zu präsentieren, die Hosen runterzulassen oder sonst wie Faxen zu machen? Ich bezweifle wie Sie, dass alle Familien diese Qualität für sich in Anspruch nehmen (können); die Verlockungen und Anforderungen der modern-mobilen Kommerz- und Dienstleistungswelt sind ja millionenfach. Ich denke aber, dass hier der Schlüssel liegt für gesundes Gedeihen.

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jagothello am 05.Dez 11  |  Permalink
Alptraumhafter Kreislauf
Hohe Wellen schlägt ein Zeitungsbericht, demzufolge Kölner Schulkinder in den Pausen nach Hause abgeholt werden, um nicht auf ekelhaften Dreckklos, die kein Erwachsener hinnähme als Bedürfnisstätte etwa am Arbeitsplatz (ganz klar ein Fall für den Betriebsrat), ihrer Notdurft nachgehen zu müssen. Generell sei die bauliche Substanz der Schulhäuser, der Zustand der mobilen und immobilen Einrichtung in einem beklagenswerten Zustand, bestenfalls lieblos. Vor 40 Jahren dahin gesetzt und nie wieder darum gekümmert.
Und natürlich: Genauso ist es hier! Während der maroden Riesen-Monsterkasse Köln-Bonn Immobilien für 20.000.000 aus dem Städtesäckel bezahlt und einer kleinen Bildungsbürgerelite per 150.000.000 Neubau das Opernerlebnis versüßt werden (Tickets selbstverständlich vom Steuerzahler subventioniert, denn sonst käme ja keiner), rieselt der Putz von den Klassenzimmerdecken, bleiben die Turnhallen wegen Baumängeln und Sanierungsstau geschlossen, der ausgefallene Unterricht unvertreten. Da sind Zyniker am Werk, nihilistische Nichtsnutze. Und dieselben ideologielastigen Torfköppe, die jahrzehntelang ungestraft Kinder zur Beute ihrer miesen Ränkespiele erniedrigten, treten immer und immer wieder an, um sich selbst zu dementieren, zu korrigieren. Und werden immer und immer wieder gewählt, in einem nie endenden, alptraumhaften Kreislauf.

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