April 2012 |
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Die Allensbacherin attackiert bescholtene und unbescholtene Bürgerinnen und Bürger seit 18 Jahren alle paar Monate mit der Kamelle, was sie denn so hielten von ihrer kulturell-geistigen Elite, von ihrem Rettungs-, Bildungs- Entertain- Rechts- und Handwerkerpersonal. Sie nennt solches Tun Tradition und ist auch noch stolz darauf.
Dabei hat sie mehr und mehr das ergebnisverfälschende Problem, dass die Befragten, die meistens Angerufene sind, aufgrund postmoderner Prägung Spam wittern, also das Gespräch bereits im Ansatz abblocken, auch wenn die seriöse Meinungsforschung ja gar nicht vorgibt: Spreche ich mit Frau Meier? Das ist gut, dass ich Sie gleich erreiche.... Man geht hier durchaus distanzierter zur Sache, beinahe schon suggerierend, der Angesprochene müsse sich distinguiert wissen ob der Tatsache, zu den wenigen Probanden der erlauchten Demoskopie zu zählen. Immerhin: Man dient schließlich der empirischen Wissenschaft, irgendwie.
Demütig gehen ihren Diener jedenfalls nicht zu Werke. Und frech auch nicht. Das hat wohl mit Abgrenzungsbestrebungen zu tun gegenüber den Schmuddel-Vettern aus den Lotterien, Versicherungen oder Zeitungsverlagen. Trotzdessen winken viele ab, wollen sich nicht die Zeit nehmen (lassen) und tatsächlich sieht man ja auch dann am Sonntag um 6, wie gewählt wurde. Alles weitere steht im Netz.
Worum ging´s doch gleich und trotzdem? Ach ja, Berufsbilder: Wählen Sie in absteigender Reihenfolge unter 18 Berufsbildern drei aus, die Ihren besonderen Respekt genießen. Punkt. Oder: Ausrufezeichen. Ausrufezeichen passt besser. Nun werden Berufsbilder vorgetragen. Keine weiteren Erläuterungen, also zum Beispiel zu ihrer Reihenfolge, zu ihrer Auswahl (Gibt es nicht 19 Berufsbilder? 21? 43?) oder ähnliches. Das hat Quizcharakter: Unfug, aber macht Spaß. Ein wenig, jedenfalls. Und die Ergebnisse? Österliche Gewissheit: Die stimmen. Die Befragung ist schließlich repräsentativ. Repräsentativität ist das hartnäckigste Mantra der Branche und gleichzeitig ihr nervigstes. Tiefere Legitimation kann es offenkundig gar nicht geben! Man hat es außerdem mit höchst komplexen mathematischen Verfahren zu tun (hört, hört) und wenn, wie im Saarland vor 2 Wochen, die SPD doch mal 5% weniger Stimmen bekommt als prognostiziert, dann liegt das unter Garantie am Wähler, diesem unzuverlässigen Wendehals.
Das garantiert wertige Ergebnis also ist dieses: Ganz oben, seit Jahrzehnten und trotz Machtlosigkeit hier und Abrechnungsbetrügereien dort: Der Arzt. Ich bin damit völlig einverstanden, um es klar zu sagen. Zu tun hat mein Verständnis mit tieferen Einblicken. Ein sehr guter Freund rackert schließlich als Weißkittel-Knecht einer demoralisierten, maladen Zweihundertschaft; Tag und Nacht im Einsatz für die jammernden, oft genug siechenden, beinahe immer unterversicherten Repräsentanten eines zugrunde gehenden Volkes. Wer sich das nach 10 Jahren Ausbildung antut, verdient das bisschen Köpfchen neigen in jedem Fall. Insofern mit ihm, also dem geneigten Köpfchen, auch die Hoffnung verbunden ist, im Ernstfall werde, gewissermaßen als Rendite für den erzeigten Respekt, geholfen, verraten solche Umfragen vielleicht sowieso mehr über die Befragten, wer weiß. (Allensbach wahrscheinlich, aber wo es an das Geschäftsmodell geht, schweigt man natürlich diskret.)
Platz 2 & 3 auch seit Jahren Hand in Hand: Krankenschwester und Feuerwehrmann! Quasi die Marie und der Paul der Vornamenslieblinge. Man fragt sich bei solch enormen Zuspruch, warum es gerade diese beiden Berufsgruppen so schwer haben, selbst minimale Gehaltssteigerungen durchzusetzen. Irgendetwas stimmt auch da nicht. Bei Gelegenheit werde ich dem nachspüren.
Hier aber geht es ja eigentlich, Sie haben´s längst erraten, um etwas ganz anderes und um zu diesem Anderen zu kommen, dürfen keine weiteren Nebenschauplätze eröffnet werden. Auf 4 des Respekte-Rankings, also durchaus oben, nämlich: Die Lehrerin! Ja, Sie lesen richtig. Die Lehrerin. Also, nicht etwa der Lehrer, nein, der ganz sicher nicht. Die Lehrerin ist gemeint und zwar eine ganz bestimmte. Nämlich die Grundschullehrerin. Das männliche Pendant der Sekundarstufe I existiert in diesem Schlagerreigen erst gar nicht. Dafür aber der Studienrat, also der Lehrer mit Sekundarstufen II- Fakultas. Er rangiert weit abgeschlagen knapp vor dem Politiker und dem Journalisten, eingepfercht in herrlich- hoffnungsloser Position zwischen Rennfahrer und Fußballprofi.
Der Kontext Krankenschwester - Grundschullehrerin leuchtet mir durchaus ein. Da gibt es eine gewisse Folgerichtigkeit, sachlogische Parallelen: aufopfernde Frauen in der vorurteilsbehafteten, verkitschten Perspektive Lischen Müllers am Telefon (und wer kann schon in Anspruch nehmen, kein Lischen Müller zu sein?!); Helferinnen, Heilerinnen. Empathisch, zärtlich, zugewandt. Vielleicht gar... süß? Und dann aber der garstige Intellektuelle, bar eines jeden pädagogischen, menschenfreundlichen Ethos: Der Studienrat; ein Profiteur. Noch dazu einer mit laufbahntechnischer Perspektive. Meinte er es ernst, wäre er ja wohl Wissenschaftler. Oder wenigstens: Eine Frau.
Also... da kann es ja nur eine ausschweifende Rückantwort geben. Ich habe so meine eigenen Theorien zu Ihrer Frage und das braucht ein wenig Raum... Und außerdem, wie Sie gerne schreiben: Es ist an Fortsetzung gedacht....
Gute Leute suchen sich Perspektiven und gehen der Basis, wie Sie feststellen, verloren. Die Universitäten mit ihren schlecht dotierten Zeitengagements sind seltener ihre Ziele, eher die administratorischen Winkel bei Bezirksregierungen oder Schulleitungen.
Wer sich für sie interessiert, wird vorab maßgeblich taxiert auf der Grundlage seiner pädagogisch-didaktischen Kompetenz; merkwürdigerweise. Denn gerade die wird beim Administrieren von Schulen wenig gebraucht. Ein trauriger Aderlass jedes Mal.
Der gesellschaftliche Ansehensverlust hat aber vielleicht auch damit zu tun, dass es keine eigene Lehrer-Fachsprache gibt. Kein Idiom, in dem eine gesonderte, meinetwegen pädagogische Expertise augenfällig würde. Eine solche Fachsprache ist ja ansonsten berufstypisch auf allen möglichen akademischen Feldern, nicht nur auf medizinischem. Man denke nur mal an die Subsidaritäten und Einwendungsdurchgriffe der Juristen, an die dutzendfachen Abgrenzungen von Schuld, Fahrlässigkeit und so weiter und so weiter. Oder auch an die verbalen Riten eines Pfarrers und den elaborierten Jargon eines Architekten. Der Lehrer aber spricht wie du und ich und suggeriert damit, nicht auf der Basis einer spezifisch erworbenen Kompetenz zu agieren, sondern sich mehr oder weniger durch pädagogische und didaktische Untiefen zu tasten wie jeder interessierte Laie, also die Mehrzahl der Eltern, auch.
Und dann gibt es natürlich das Zerrbild des erstklassig versorgten Beamten, der bei 12 Wochen Ferienzeit einem Halbtagsjob nachgeht; noch dazu, ohne nennenswert weisungsgebunden zu sein. Die berufliche Belastung übersteigt zwar realiter vielfach die 39-Stunden-Woche, jedenfalls im Jahresdurchschnitt. Dennoch ist ganz offenkundig, dass viele Lehrer tatsächlich beinahe ausschließlich am Vormittag arbeiten. Da brechen Neidimpulse durch; schwierig, für deren Verursacher auch noch Sympathie zu entwickeln, zumal eigentlich doch die allermeisten schon einmal gelitten haben unter einem der zahlreichen Bescheidsager. Offener Respektentzug, Verachtung in posttraumatischer Entspannungsphase ist da ja wohl das Mindeste...
Vielfach kommt echte Schuld hinzu: Elterngespräche werden in schulischen Rumpelkammern geführt, oft genug sitzt dann der Öffentlichkeit ein unvorbereiteter, zotteliger Lehrkörper gegenüber, in informeller Freizeitkleidung- manche, ich hab´s selbst gesehen, tragen dazu Clocks (gummiartige, bunte Strandschuhe) und verzichten auf Strümpfe ...
Die Abiturienten haben in NRW ihre letzten Stunden vor den Prüfungen vor den Osterferien. Mit ihnen zu diesem Anlass ein Eis essen zu gehen, ist immer wieder ein herrliches Fest. Ungefiltert und erleichtert schildern sie da ihre Eindrücke von regelmäßig auf dem Gelände umherwandernden, Kaffee brühenden Kollegen (So, ihr macht jetzt Stillarbeit...), von Lehrern ohne jede Vorbereitung, ohne jegliches Material im Unterricht (Was liegt an?), von Gleichgültigkeit, Ungerechtigkeit, Lieblosigkeit und allgemeiner Inkompetenz. Insofern bastelt der Berufsstand schon selbst an seinen Klischees. Und auch wenn all das sicherlich bei weitem nicht repräsentativ ist, prägen solche Bilder nun einmal die Vorstellungen, oft genug für ein ganzes Leben.
Und Pech ist natürlich auch dabei, denn obgleich Lehrer alleine die Ergebnisse der Schulleistungsstudien nicht zu verantworten haben, werden sie doch in erster Linie ihnen angekreidet. Dies war ja der erste, der meinungswirksame Reflex des Premiumkanzlers G.S. auf TIMMS und die erste PISA-Runde 1999. Es ist schließlich immer gut, zügig Sündenböcke präsentieren zu können.
Dabei ist der Beruf bei alldem in den letzten Jahren mehr und mehr professionalisiert worden. Ich könnte endlose Lieder singen von Fachkonferenzleitungen, die auf der Basis empirischer, didaktischer Daten sowie etlicher Evaluationen und Fortbildungen binnendifferenzierende, höchst komplexe Unterrichtsmaßnahmen für die Fächer Mathematik & Englisch entwickeln und implementieren. Von Kollegen, die via Theater- Tanz- und Musikpädagogik auch noch das Letzte vom Besten ihrer Klientel herauslocken- oft genug sonntags und abends. Doch wann ruft die Zeitung an? Wenn die Polizei den Bruder eines Schülers mit 1,2 g Haschisch in Schulnähe aufgegriffen hat, wenn ein Abiturgag ausgeufert ist!
Genie und Wahnsinn liegen also auch in Schulen oft genug eng nebeneinander. Der Wahnsinn aber ist es, der eine größere Aufmerksamkeit genießt. Der sich tiefer eingräbt und der die Images prägt.
Layout by ichichich.