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Erzählt mir eine Geschichte

Kapitäne, Minister und Präsidenten müssen erklären, warum sie nicht ins Wasser, sondern praktischerweise gleich ins Rettungsboot fielen, warum dutzende Neubeamte mit FDP-Parteibuch besser geeignet für die Aktenverwalterei sein sollten als ohne oder warum verbilligte Hauskredite und geschenkte Luxusreisen keine Vorteilsannahme darstellen. Sie winden sich allerliebst, das Publikum buuuht pflichtschuldig und fühlt sich im Übrigen irgendwie berührt, jedenfalls unterhalten.
Wer verrichtet aber in der Zwischenzeit eigentlich die doch sicherlich recht anständig dotierte Tätigkeit? Bleibt Zeit bei all dem Lamentieren, Erläutern und Verteidigen, um zu arbeiten? Ich vermute, das ist nicht so und ich vermute auch, dass das nicht weiter schlimm ist.
Eine Reiseindustrie, die auf Jet-Set- Kähne setzt, von denen allein die deutsche AIDA-Flotte 10 unterhält, die gemeinsam einen jährlichen Dieselausstoß im Gesamtumfang aller deutschen PKW fabrizieren, wird schon noch irgendwo einen Beau finden, der rasch umschult auf Kapitän. Und Entwicklungsministerium sowie Bundespräsidialamt können von einer Auszeit ihrer Hausherren eigentlich auch nur profitieren.
Insbesondere im Zusammenhang mit den beiden letztgenannten frage ich mich aber wieder einmal: Wie sieht´s denn eigentlich aus mit Opposition? Ich vermisse jeglichen Versuch, diesen ungeheuerlich dilettantischen Materialisten einmal etwas Substanzielles entgegenzusetzen. Also etwas, das hinausgeht über Rücktrittsdiskussionen oder die Erbsenzählerei weiterer Details und immer neuer Unappetitlichkeiten. Das Grundmuster ist nun wirklich hinlänglich bekannt: Niebel ist nicht nur ein arger Unsympath, sondern ein übler Vetternwirt, der, bevor auch sein Schiff kentert, seine Auslese trifft. Und Wulff ließ und lässt sich teuer dafür bezahlen, dass seine Günstlinge in seinem Lichte baden dürfen. Neue Pointen sehe ich da nicht.
Was ist links? fragte Wolfgang Koeppen. Mit der Antwort tat er sich schwer aber immerhin stellte er sein Schreiben in den Dienst einer unterprivilegierten Klasse (die das im Zweifel 1950 genauso wenig zu goutieren wusste wie heute!) und wandte sich ausdrücklich gegen Intoleranz und Raffgier. Koeppen war hellsichtig genug, um das Grunddilemma einer links-progressiven Haltung im Rahmen einer prosperierenden, bürgerlichen Umgebung deutlich zu erkennen: Das Auskommen ist und bleibt wesentliche Triebfeder des täglichen Tuns, also im Falle des Schriftstellers die Schriftstellerei- und sei sie noch so ambitioniert. Wasser predigen, Wein trinken. Die Verlockungen sind da stärker als die Überzeugungen, jedenfalls- im günstigen Fall- ein bisschen.
Links sein aber bedeute, so Koeppen, doch vor allem auch die bewusste und konkrete Integration in umgebende Beziehungszusammenhänge. Sozialismus ist, sich (und nicht nur Kapital oder neuerdings: Schulden): zu sozialisieren. Didaktischen Ideen in der Schule von der Organisation eines partnerschaftlichen Miteinanders brachte das daher immer reflexhaft Ideologievorwürfe ein.
Koeppen sieht den Linken links im unmittelbaren Lebensvollzug und da hapert es natürlich hinten und vorne. Wer ist, außer den Nazis oder der Porsche-Fan-Clubs, schon noch bereit, im Geiste einer Idee sich gemeinsam zu sammeln und zu arbeiten (welch garstiges Wort!). Bin ich es? Ganz sicher...
Nun gut- Koeppen hinzufügen könnte man da sicherlich so einiges, zum Beispiel, dass linke Positionen sich speisen aus historischen Zusammenhängen. Der SPIEGEL will ja ganz offenbar nicht mehr als links gelten, früher war das aber sicherlich anders und das Bekenntnis zur Historizität gibt es auch heute noch überdeutlich.
Links sein heißt in der Summe also sicherlich sehr viel mehr, als den Links-Klick auf den itunes-Store zu unterlassen. Eine linke Kritik müsste eine öffentliche Debatte anstoßen, ob politische Spitzenämter tatsächlich mit Menschen besetzt werden sollen, die weitgehend ahistorisch- antiintellektuell, dafür offensichtlich weder in festen politischen, religiösen oder sonstigen Mentalitäten verankert sind? Ob pragmatische Manager ihrer selbst nicht besser in der Deutschen Bank oder im Dschungelcamp aufgehoben sind? Ob das Politische nicht immer auch das Geistige fordert?
Wer nun aber mit links sein in allererster Linie eine Position auf der Autobahn assoziiert, wird wohl auch in Zukunft die falschen Fragen stellen.

jagothello am 21. Januar 12  |  Permalink  |  2 Kommentare  |  kommentieren




jean stubenzweig am 21.Jan 12  |  Permalink
Was ist links?
Das frage ich mich seit langem. Allerdings schließe ich Wolfgang Koeppens Meinung aus, nach der sie sich aus der unterprivilegierten Klasse rekrutiert (aber Sie haben das ja selbst aufgedröselt). Die unterprivilegierte Klasse sehe ich eher ehrfürchtig zu den großen Kähnen hinaufschauen, zu diesen unsäglichen schwimmenden Kaffs aus posthöfischem Blendwerk. Fast möchte ich argumentieren: Traurig, daß es keine klassischen Klassen mehr gibt. Nicht, daß ich das begrüßen würde, aber mir scheint, dem Volk ist mit diesem irrsinnigen Konsum, zu dem ich ebenso diese freizeitliche «Phantasie»-Industrie zähle — ist da nicht gerade eben wieder so ein Kahn für die Massen der Meyer-Werft vom Stapel gelaufen mit irgendwas mit Disney? — jedwedes Selbstwertgefühl abhanden gekommen (worden). Ich habe es immer wieder mal erwähnt: Seit Kohl bzw. unter anderem seiner Einführung des Kaufrausch-Fernsehens wurden die Leutchens zusehends mehr mit Zweitkühlschränken, Drittflachbildschirmen und so weiter ruhiggestellt. Und wenn ich mir die Entwicklung der letzten zwanzig Jahre anschaue, wird sich daran auch nichts mehr ändern. Da ziehen die paar wenigen, die etwa aus Abfällen Neues gestalten und schaffen, upcycling genannt, die vor zehn Jahren noch ausgelacht worden wären, den Kahn auch nicht mehr aus dem Dreck (nicht nur des Mittelmeers). Ich habe keine Hoffnung mehr auf eine «öffentliche Debatte». Nein, nicht Spes ultima moritur. Diese Speranza oder Speme scheint mir längst untergegangen zu sein, nicht nur vor der Toskana, wo die ganzen SPDler den Leutchens mal die Villen wegnehmen wollten, jene SPDler, die mittlerweile auf eigene Kandidaturen zugunsten der CDU verzichten, da ohnehin alles eins ist.

jagothello am 22.Jan 12  |  Permalink
Sorgen-Sammelsurium
Koeppen definierte Links sein- zum Beispiel eines Schriftstellers, über dessen Verhältnis zu Besitz und Gesellschaft. Die Linke rekrutiert sich insofern nicht aus unterprivilegierten Schichten, sondern arbeitet sich an deren besonderen Bedürfnissen ab. Linke halten sich ja gerne für Intellektuelle.
Sie haben sicherlich Recht: Die vom Kohlkopp geförderten Spaßmedien spielen eine durch und durch zweifelhafte Rolle. Sie tragen zur Bildungsmisere bei, begründen sie vielleicht gar, und sorgen mittels subtiler Mechanismen dafür, dass die Unaufgeklärten unaufgeklärt und die Privilegierten unter sich bleiben. Besitzstands- und alle anderen Verhältnisse auch waren ja schon vor 1980 zementiert, RTL sorgt aber dafür, dass nun endgültig niemand mehr nachfragt, jedenfalls niemand, der unmittelbar betroffen wäre. Wichtigere Themen werden dankbar aufgegriffen zum Beispiel die Frage, warum Michaela im Camp einen Tanga trägt. Nun denn, jedem seine Priorität. Ein Sorgen-Sammelsurium, das längst nicht nur untere Schichten quält, das muss fairerweise auch gesagt werden.
Aufschlussreich aber doch auch, dass andererseits der Bildungsbürger goutiert wird in Quoten-Hits wie Wer wird Millionär; wer das dort wirklich wird, hat mit RTL et.al. wohl herzlich wenig am Hut; an sich... Hier bekommt die Zielgruppe dann doch immer wieder einmal einen Spiegel vor das Gesicht gehalten.
Auf der anderen Seite trägt ein populistisches Fernsehprogramm bei zur Emanzipierung der Massen, indem es immer und immer wieder darauf verweist, welche Rechte dem einst Rechtelosen zustehen: Auf vulgäre Freizeitaktivitäten etwa und darauf, sich für intellektuelle Anspruchslosigkeit nicht schämen zu müssen. Insofern verbergen sich auch hinter den Tasten 4-212 der TV- Fernbedienung Linke!

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