Weiche Eier (statt eines Beitrags zu Ostern)
Nach einigen Tagen österlicher Entspannung fielen mir heute die gesammelten Tageszeitungen aus dem Briefkasten direkt auf die Füße. Ich lese selten "yesterday´s papers", mit einer gewichtigen Ausnahme: Die Leserbriefe! Leserbriefe sind zeitlos und repräsentieren dort, wo meine Zeitung sich ganz klar jedem klaren Bekenntnis entzieht (also quasi: überall!), die alibimäßige, klare Kante. Hannemann, du Musterleser, geh´ du voran. Sag an, was wir längst nicht mehr sagen dürfen zwischen all den Marketingkampagnen in unserem Blättchen, nach und vor den zahllosen Charity-Veranstaltungen mit den Spitzen der überregionalen celebrities; zum Bundestrainer, zu Willy & Kate, zu Atomkraft, Gutti, Libyen, Inflation, Gebührenverschwendung, Krankenkassenkosten und und und.
Die Leserbriefe diesmal befassten sich, wie seit 20 Jahren regelmäßig, mit dem örtlichen Fußballverein bzw. seinen Kapriolen und mit der Fragestellung, wie ein derart amateurhaft geführtes Provinzunternehmen eigentlich desweiteren bestehen will im Haifischbecken Bundesliga. Tenor: Gar nicht. Das wäre sicherlich eine begrüßenswerte Lösung der seit Jahrzehnten aufgestauten Probleme: Einfach verschwinden. In die 2. oder 3. Liga und vielleicht eines Tages geläutert auferstehen- oder auch nicht. In diesem Sinne wollte ich mich zufrieden (Leserbriefe dienen in erster Linie ja der Satisfaktion!) und beipflichtend nickend schon dem ebenfalls topaktuellem Briefe- Thema widmen - dem geplanten Ausbau eines lokalen Rheinhafens - als ich über die quasi krönende Formulierung eines ob der stümperhaften FC- Darbietungen arg Erbosten stolperte, die Bundesliga sei eben ein "knallhartes" Geschäft und für Schlappschwänze wie den gerade geschassten Trainer gebe es "andere Weicheiberufe".
Hmmmm, nun überlege ich seit Stunden, welche schönen Berufe dem erzürnten Lebensberater da vorschweben mögen? Meint er auf weichen Kissen auszuübende Tätigkeiten, die jemand auf Tränen, Schweiß, Blut sich beziehenden natürlich nicht so recht ernst nehmen kann? Vielleicht zielt die Injurie aber auch sehr speziell auf all die weichmuskulären Loser, die von der kulturellen Produktion sich nähren, wie also Redakteure, Schauspieler, Musiker? Meint er gar diejenigen, die sich in Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit geistige Weichköpfigkeit leisten könn(t)en wie Betonmischer, Fließbandabfüller, Müllleute? Oder diejenigen, die sich statt mit knallharten Fakten wie der Bundesligatabelle befassen mit anderer Leute Weichbirnigkeit; also die Therapeuten, Lehrer, Alten- und Kinderpfleger? Ich bin noch kein Stück weiter, das Ausschlussverfahren hat einzig sicher ergeben: Fußballtrainer ist nicht gemeint.
einfach an Walter Jens, der mit seiner flammenden republikanischen Rede zu einem DFB-Geburtstag in den Siebzigern den Fußball auch für Intellektuelle wieder hoffähig machte (
Reden zum Sport).
was er über die Moral von Menschen wisse, verdanke er dem Fußball! Sagte ein talentierter Torhüter 1930 in Algier: Albert Camus. Denken Sie auch an Javier Marias: Mit "Alle unseren frühen Schlachten" versucht er sich an einer Kulturgeschichte der spanischen Zivilisation am Beispiel der abgrundtiefen Feindschaft zwischen dem Blute Madrids und dem FC Barcelona- eines Ensembles, das man als Gegner wirklich nur hassen kann. Insofern haben Sie völlig Recht, auf Intellektuelle zu verweisen, die sich gewinnbringend mit dem "Runden, das ins Eckige muss" (Gründungsvater Sepp) befassten und befassen. Unschlagbar in dieser Reihe freilich der wackere HSV-Verteidiger Khalid Boulahrouz: "Was er (R. van der Vaart) macht, ist unglaublich. Ich genieße es von hinten." Da ist Bedeutung, da lockt die Tiefe!
Da muß ich
ergänzen. Dazu gehört auch, daß der Autor Ruhrpott-Rastelli genannt wurde.
dieser Fußball. Und so bilderreich. Danke für die hübsche Ergänzung.
die effeminierung oder auch aberkennung von maennlichkeit ("schwul!") von "gegnern" ist doch eine beliebe soziale praxis, besonders im fußball.
(hier in der naehe wohnt der traditionsclub, der gerade zur besinnung in& die dritte liga abg&etaucht ist - dem leservolkszorn mag man lieber nicht folgen!)
die beiden waren ja 2 derselben 11!