Alle Kreter sind Lügner...
soll der Kreter Epimendis behauptet haben, womit er sich natürlich selbst dementierte, denn die Aussage stimmte ja nur dann, wenn er selbst die Ausnahme gewesen wäre. Dann aber wären nicht "alle" Kreter Lügner gewesen.
Ich finde, ich denke, ich glaube, dass der antike Grieche durchaus kein Paradoxling und Antilogiker war, sondern auf ein schon vor Jahrtausenden virulentes Phänomen aufmerksam machen wollte- illustriert meisterhaft von Escher:
M.C. Escher: Drawing hands (1948)
Solche Selbstreferenz ist es, der jedenfalls auch ich heutiger auf Schritt und Tritt begegne. Die Menschen nehmen die Dinge des Lebens offenbar nicht anders wahr, als in Abhängigkeit zu ihrem eigenen Denken, Fühlen, Sein. Meinungsstark und selbstsicher werden allerhand Ansichten kundgetan zu den Aspekten des Lebens: Sonnenuntergänge, Integration, Stuttgart 21, PISA, Mac oder PC? Bezug und Rückbezug im ewigen Kreislauf. Gibt es eigentlich noch Menschen mit dem Mut zu keiner Meinung? Menschen, die nicht ewig "finden", "glauben" und "denken"? Vielleicht mal einen Politiker, einen Funktionär oder einen Kulturschaffenden im Plapper-Salon bei Will/Illner/Beckmann, der von seiner eigenen bourgeoisen Biografie abzusehen vermag? Möglichst radikal? Nirgends- Epimendis ist ja lang nicht mehr. Und auch ich ertappe mich dabei, in die eigene Falle getappt zu sein, denn das ist ja das Problem: Zu behaupten, es besser anders machen zu sollen ohne es dann anders zu machen!