FSK 0-18
Im WDR-Interview sagt der Chef der FSK, es gebe keine Kriterien, nach denen ein Film für die Altersfreigabe bewertet werde. Genauso denke ich mir das auch seit Jahren! Reine Kaffeesatzleserei! Man diskutiere und komme, gewissermaßen im freien Dialog, zu einer Entscheidung, die "Sie ja nicht teilen müssen." Ältere James Bonds waren alle ab 16, die nun viel gewalthaltigeren sind ab 12. Das läge daran, dass die Jugendlichen heute auf dem Schulhof anders miteinander sprächen (sic). Darauf, dass sie das tun, weil der Medienkonsum immer zügelloser und die Medien selbst immer zügelloser und Medienbeschränkungen immer weniger wirksam werden, kommt der gute Mensch nicht. Van Helsing, ein echter Körper-Hacker-Splatter, ist auch ab 12- kommerzielle Gründe spielen natürlich keine Gründe; bestochen gar wird auch niemand. Einzelne Szenen seien nicht so entscheidend, sondern eher die Frage, ob sich die schädlichen Eindrücke im weiteren Verlauf des Filmes wieder verflüchtigen. Ob das nicht subjektiv ganz unterschiedlich ist? So genau will man das wohl lieber nicht wissen. Das Verfahren im Sinne professioneller Soziologie evaluieren will aber selbstverständlich auch keiner. "Keinohrhasen" war erst ab 6; eine Revisionsgruppe stufte nach Protesten wegen der Vulgärinjurien, ohne die eine deutsche Komödie ja nicht auskommt, auf 12 hinauf. Auch schön der formulierte Anspruch der Filmlaien und Familienpädagogen, danach zu entscheiden, ob Entwicklungsstörungen aufgrund des Filmkonsums zu befürchten sind. Ein wenig Entwicklungspsychologie und Pädagogik erraten kann ja auch jeder- man war schließlich selbst mal klein.
Das kann ich erklären: Wenn etwas so wiedernatürliches wie eine unbekleidete Frau vorkommt, dann muss die FSK hochgesetzt werden. Bei gewöhnlichen Handlungen des Alltags - wie Schlitzen und Meucheln - muss man nichts verändern.
Das ist mir schon aufgefallen, als ich selbst noch in dem Alter war, das gerne mal aus dem Kino ausgeschlossen wurde. Beim Film "David" (die biblische Geschichte) mit Richard Gere. FSK 16. Kopfabhacken und Bauchaufschlitzen in Großaufnahme. Als aber eine leicht bekleidete Dame auftauchte, wurde geschnitten. Der Dialog fehlt, es geht an irgendeiner Stelle im Film weiter, man weiss nicht mehr, worum es geht.
Was ich wiederum für widernatürlich halte, was das Medium Film betrifft: Das kann ich mir selbst bei größtem Phantasieaufgebot nicht vorstellen, daß die FSK veranlaßt, eine Szene mit einer «leicht bekleideten Dame» samt Dialog (?) herausschneiden und den Streifen ohne Anschluß fortführen zu lassen. Da weiß man tatsächlich nicht, worum es geht. Zudem: Ist FSK 16 mittlerweile nicht ohnehin die höchste Altersstufe?
... ich für widernatürlich hielte bei Filmen wie der "Antichrist" von Lars von Trier oder anderen Psycho-Horrorschockern. Nein, nein- es gibt sogar Filme, die ausdrücklich keine Jugendfreigabe haben. Den Unterschied zu FSK 18 kenne ich allerdings auch nicht. Die FSK schnibbelt natürlich auch nicht an Filmen herum, zwingt aber den Verleih implizit, das zu tun, wenn er den Markt beispielsweise aller derer ab 12 erschließen möchte. Da kann ich mir Pannen schon sehr gut vorstellen. Zu meiner allergrößten Überraschung sah ich dann aber doch neulich eine nackte Frau in einem, allerdings in Europa spielendem (im morbiden Italy ist das wohl weniger anrüchig) Hollywoodfilm- nämlich in The American mit George Clooney. Die dazugehörigen Sexszenen dann weitaus erotischer & expliziter, als alles andere, was ich aus kommerzieller Massenware kenne. Erstaunlich. Lovely George natürlich immer züchtig.
Schauen wir doch mal in die Röhre, nicht einmal in die, die ohnehin von Mord, Totschlag und Vögelei lebt, sondern in die öffentlich-rechtliche mit ihrem Bildungsauftrag. In der wird des öfteren das gesendet, das besser überhaupt nicht oder aber im privaten Pantoffelkino ausgestrahlt werden sollte. Manchmal schaue ich ganz genau hin, wenn es heißt: Dieser Film ist ab 16 Jahren freigegeben. Meistens geht dann irgendein Maschinengewehr los, nachdem Barbie Sekundares blankgezogen und noch ein paar Innereien gezeigt hat. Ein Grund ist das für mich, mich dem Frieden zurückzugeben. Das tut der Rentner hin und wieder auch am Nachmittag, wenn er also sein Nickerchen machen will. Dann braucht er nämlich das Gebrabbel, um dem Sandmännchen Einlaß zu gewähren. Dann hört er zwar nicht gerade verbale Handgranaten explodieren, aber er sieht mittlerweile durchaus Szenen, die vor noch gar nicht allzu langer Zeit unterm rotschummrigen Ladentisch gehandelt wurden. Wo ist denn da jeweils diese Chimäre FSK, die, mal salopp phrasiert, Köpfe abschlägt? Ich bin zwar ein Freund der Aufklärung, aber in dem Bereich hat sie mich offensichtlich nicht erreicht.
À propos Erotik: Können die US-Amerikaner des großen Kinos, dem fürs sogenannte breite Publikum, das überhaupt?
Das mit den Pannen, das mag ja sein. Aber doch vermutlich nur bei Filmen, denen man ohnehin keine weitere Sorgfalt angedeihen läßt.
Erotik ist sicherlich nicht das Kerngeschäft der US-Markt-Bestücker aus Hollywood, doch sie können´s absolut. George Clooney selbst ist ja sozialisiert als Italiener mit amerikanischem Migrationshintergrund und auch auf "The American" trifft das zu. Der sucht eine neue Identität in den Abruzzen und das Klischee verlangt nun gerade dort nach dolce vita, rassiger Schönheit und echter Liebe. Natürlich auch nach ein wenig Rückständigkeit, einfachen Lebensverhältnissen und finsteren Mafiosi. All das wird nun geboten. The american jedenfalls besucht eine Prostituierte und beglückt das holde Wesen derart geschickt, dass es künftig keine Euros mehr verlangt- nur Mehr und Liebe. Der Rest ist dann passabler Krimi-Plot.