Dezember 2013 |
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Die Vermessung der Welt wird nicht rückgängig gemacht werden. Im Gegenteil. Die sozialwissenschaftlichen Instrumente werden weiter geschärft werden, auf dass postmoderne Lebensbereiche wie Pflege, Bildung, Ökonomie nach den Gesetzmäßigkeiten der Marktwirtschaft bewertbar werden oder bleiben. Das ist nicht umkehrbar. Die auf diesen Feldern Arbeitenden sperren sich, denn oftmals sind sie in prärationaler Zeit sozialisiert, als solches ungedacht blieb, absurd erschienen wäre. Ob im Krankenhaus jemand gesund wurde? Das hatte vor allem mit Schicksal zu tun, vielleicht noch mit einem unentwirrbaren Netz aus Dispositionen, Zuständigkeiten, den mannigfachen Zufälligkeiten des Einzelfalls und natürlich auch mit Eigenverantwortung. Heute nur noch mit performance. Wohl und Wehe hängt von Kompetenz und Tun ab. Beide bilden sich ab im Output. Output ist das, was als Gesundheit oder Bildung gemessen, klassifiziert, verglichen werden kann. In der PISA- Dogmatik geht man längst den letzten, konsequenten Schritt: Bildung ist gleich nur noch das, was operationalisierbar ist. Ein Bildungsbegriff, der befreit wird von allem Ungewissen, von Erfahrung, dem Numinosen unserer Existenz. Gebildet nicht der, der die Goethe-Ballade auf sich wirken lässt, ergriffen auf die Herztöne des Kindes in den Armen des Erlkönigs lauscht, visuelle Kulissen der waldesdunklen Nacht vor seinem inneren Auge entwirft, Szenerien pädophiler Bedrohung- und mit all dem gerüstet Empathie entfaltet für die Bedrohten, Schutzsuchenden, Traurigen, Schwachen. Der eine Haltung entwickelt. Nein! Gebildet derjenige, der auskotzt, was gewogen werden kann: Metrum, Kadenz, Rezeption, Kohärenz.
Es ist, im Gesamten, natürlich subtiler. Sicher. Aber im Prinzip sind wir scheinbar bereit, unsere Begriffe neu auszurichten und anzupassen an die Mechanismen ökonomischer Verwertbarkeit. Folgerichtig besteht die wichtigste schulische Kompetenz im Transfer. Wie einem Fetisch huldigen die sogenannten kompetenzorientierten Lehrpläne dieser Königsfähigkeit. Ihr ist jeglicher Fachgehalt untergeordnet. Die Arbeit mit Kurzgeschichten Wolfgang Borcherts legitimiert sich, wenn sie allerlei rhetorisch-analytische Fingerfertigkeiten andressiert, mit denen dann ein paar Jahre später die Gegenstände der Arbeitswelt abgearbeitet werden können wie Schriftsätze, Anträge, Sachverhalte jeder Art.
Tief greifende, elementare Änderungen gesellschaftlicher Traditionen und Überzeugungen sind das. Schleichend und lautlos zelebriert, längst schon implementiert, wie das so schön heißt im Jargon der ministerialen Verwalter. Nirgends und nie aber öffentlich debattiert oder erklärt. Vordemokratisch...
und dennoch: Richtig! Die überkommende Art und Weise, die Dinge anzugehen, zu unterrichten, zu entscheiden, was gut, richtig, wahr oder falsch ist, methodische Wege zu beschreiten; all das hat auf der ganzen Linie versagt. Die planwirtschaftliche Dogmatik, die ungeheure Arroganz der Lehrerzimmer, in pädagogischer Eigenverantwortung entscheiden zu wollen, ist und war nie etwas anderes als Teamunfähigkeit, Beratungsresistenz, Faulheit, Borniertheit. Und die Schüler lernten eben auch nichts Substanzielleres, zum Beispiel zu sich selbst zu finden, indem sie schreiben, um zu lernen, was sie denken (und nicht bloß, um Lesen zu lernen!). Da kann man dann in der Tat gleich den homo oeconomicus produzieren- vielleicht klassisch noch weniger gebildet aber dafür mit verwertbaren Funktionen bestückt.
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