Februar 2013 |
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Die vornehmste deutsche Rechtsbestimmung ist sicherlich die, derzufolge die Würde des Menschen unantastbar sei. Das wird an prominenter Stelle, gleich in Artikel 1 des Grundgesetzes deklariert. Ich glaube gerne daran, dass sich da hehres Gedankengut verbirgt, dass das so sein sollte, obwohl mir das begrifflich doch immer ein wenig unscharf erschien. Was heißt denn eigentlich Würde, was heißt unantastbar?
Zu Beginn einer staatsrechtlichen Vorlesungsreihe lernt der naive Menschenfreund gleich, dass das eigentlich nicht so wörtlich gemeint beziehungsweise definiert ist. Denn tatsächlich tun sich auch Richter und Verfassungshüter schwer mit einer verbindlichen Bestimmung. Doch nicht nur das. Es ist noch schlimmer: Die Würde, so viel Aufhebens auch um sie gemacht wird, ist gar nicht einklagbar, kein konkretes Rechtsgut, höchstens ein abstraktes. Nicht einmal vor dem Amtsgericht würde eine Klage zugelassen, die auf einer Verletzung individueller Würde gründete. Sogleich würde wenigstens gefragt werden, wo denn bitte sehr ein Schaden gemäß § 823 BGB zu verorten wäre?
Und dennoch: Der Würde dieses unbedingten Schutzes meiner Würde umweht etwas charismatisches, das sich eher dem Empfinden, dem gefühlten Rechtsgespür mitteilt. Im Grunde handelt es sich dabei um eine Ideologie, einen philosophisch-abstrakten Prolog. Ich scheitere, wenn ich versuche, ihn näher zu fassen. Das tue ich schon mal, wenn irgendein Großsprecher von verletzter Menschenwürde schwadroniert, ohne auch nur im mindesten durchscheinen zu lassen, was genau denn da eigentlich beschädigt worden sei.
Kürzlich bin ich in einem unscheinbaren Zeitungsinterview, ausgerechnet mit einem Bischof (einem offenbar wenig dogmatischen), auf einen ganz interessanten Aspekt gestoßen: Die Würde des Menschen, meint der Theologe, sei, was ihn zu einem Geheimnis macht. Was macht mich zu einem Geheimnis? Doch wohl das, was mein Tun, Denken, Fühlen unvorhersehbar werden lässt (was durchaus häufig vorkommt). Im Unterschied dazu erscheint mir mein Hund beispielsweise tatsächlich als simple Eingabe- Ausgabe-Maschine, deren Verhaltensrepertoire ähnlich zuverlässig prognostizierbar ist wie die Fehlermeldungen eines Windows-Computers beim Anschließen neuer Hardware. Gefällt mir ganz ausgezeichnet: Die Nummer 1 von ungefähr 423.556 weiteren Rechtsvorschriften ist reinster Mythos. Mythos von der irrationalen, dunklen deutschen Seele. Und damit natürlich gleich zu Beginn kluges Eingeständnis der Vergeblichkeit von allem.
Layout by ichichich.