Oktober 2012 |
||||||
Mo |
Di |
Mi |
Do |
Fr |
Sa |
So |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
7 |
8 |
10 |
11 |
12 |
14 |
||
15 |
17 |
18 |
19 |
20 |
21 |
|
22 |
23 |
25 |
26 |
28 |
||
30 |
31 |
|||||
Gestern trafen sich Kölner Verlage und Buchhändler im Literaturhaus, um cora publica über die Zukunft ihrer Zunft zu sprechen. Es gibt gemeinsame Anliegen, denn das Gewerbe ändert sich insgesamt, was in erster Linie mit veränderten Lesegewohnheiten der Kundschaft zu tun hat.
Vor 10 Jahren hielten es die rheinischen Platzhirsche Thalia, Gonski und vor allem die Mayer´sche noch für strategisch unverzichtbar, auf möglichst großen Innenstadtflächen anzubieten, einige Zeit sogar jeweils in zwei benachbarten Häusern. Mittlerweile sind 50% dieser Geschäfte abgewickelt und zwar auffälligerweise gerade am Schnittpunkt Schildergasse - Hohe Straße; einer der am stärksten frequentierten Innenstadtlagen überhaupt.
Kleinere Buchhandlungen hingegen halten sich ganz gut, so wie die traditionsreiche Lengenfeld´sche, oder entstehen sogar gleich ganz neu, wenn auch nicht unbedingt im Kern der Stadt, sondern um einen Radius von einigen hundert Metern um ihn herum. Sie zählen auf einen treuen, feinen Kundenstamm. Es handelt sich beispielsweise um so originell spezialisierte Häuser wie ein ausschließlich Kartenwerke anbietendes am Zülpicher Platz, die berühmten Kunst-DuMonts auf der Ehrenstraße oder diverse Krimibuchhandlungen im Belgischen Viertel. Eines von ihnen, betrieben von Thilo Sarrazins Bruder Manfred, schließt leider in diesen Tagen; dies aber krankheitsbedingt oder besser: sterbensbedingt. Eine traurig-schöne Geschichte übrigens, aber auch eine ganz andere.
Man ahnt es, das E-book setzt dem Markt zu. Stoffloses Dateizeugs, wegen dem niemand mehr ein Geschäft betreten muss, um Gewicht und Form auszuwählen. Amazons Idee ist einfach (gut): Bei uns gibt es alles. Also nicht nur alles mögliche, sondern buchstäblich alles. Und alles andere im Buchladen am Neumarkt. Schwierig also, da mitzuhalten, zumal Amazon künftig auch noch ins Verlagsgeschäft einsteigt, also die Kernkompetenz so stolzer Häuser wie Taschen, Hoffmann & Campe oder Kiepenheuer & Witsch, nämlich Auswahl und Lektorat, angreift. Taschenbuchverlage werden künftig kaum noch existieren können, weil ältere Texte online schon heute wesentlich preiswerter angeboten werden und klassische vielfach sogar kostenfrei, nämlich dann, wenn es sich um mindestens 80 Jahre alte Werke handelt. Ein Taschenbuch kauft aber auch heute kaum noch jemand, wenn mehr als 9,80,-€ zu bezahlen sind. Platzersparnis im Bücherregal, Suchfunktionen und Lesekomfort tun ein Übriges, um sich für das digitale Gerät zu entscheiden.
Die Verkaufsflächen schmelzen also dahin und die Verlage reagieren auf die Verschiebung in der Mediennutzung. Bastei-Lübbe wird künftig kostenpflichtige Kurzweiltexte im Internet anbieten, versehen mit Cliffhangern am Schluss und dem Versprechen einer zeitigen Fortsetzung. Wie mir scheint, eine stimmige TV-Serien-Adaption. Helge Malchow, die KiWi-Chef, experimentiert bereits mit Testballons im Netz. Online-Resonanz statt Redakteurs-Kompetenz: Abstimmung über die Erstellung einer Analog-Fassung der User-Leser mit den Füßen. Diktat des Marktes, neoliberale Notwendigkeit.
Denn tatsächlich müssen sich die Häuser etwas einfallen lassen, wollen sie sich nicht überrennen lassen wie einst Apple von Microsoft und später dann Microsoft von Apple, Google und Facebook. Die Entwicklung ist nämlich nicht zu leugnen; das E-book gewinnt mit einem immer breiteren Angebot, vor allem auch an praktischen, eleganten und bezahlbaren Lesegeräten, weiter an Boden. Attraktive Ergänzungsangebote wie Bertelsmanns E-book-Verleihportal skoobe erhöhen die Akzeptanz beträchtlich.
Die Amazonisierung des Buchmarktes schreitet also voran, doch Vorsicht! Für die Leser bedeutet das nur solange nicht gleichzeitig auch einen enormen Texte-Qualitätsverlust, wie es auch kompetente, gewachsene Verlagshäuser gibt, die für den Content sorgen. Was, bitte schön, sollte ich mir auf den Kindle laden, hätte es das jahrzehntelange Ringen der Familie Mann mit dem Verlagshaus Fischer nicht gegeben? Die Vertriebswege ändern sich, dürfen sich ändern. Leser werden aber auch zukünftig auf Verlagsarbeit angewiesen bleiben. Sie sollte ihnen wert sein und wert bleiben.
Layout by ichichich.