Juli 2012 |
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Welcher Teufel nur ritt die sonst geschätzte Nachbarin, bei Wein und Käse den gemeinsam beobachteten Flug der Fledermäuse in der Dämmerung zu kommentieren mit: Und rubbeldiekatz is se verschwunden! Wir kennen uns ein Weilchen und auch sonst sehe ich nicht aus wie jemand, der in abendlicher Vertrautheit mit Zitaten aus dem Kleinkinderreservoir belegt werden möchte. So etwas verdirbt mir die gute Stimmung. Und das nicht nur wegen des Befremdens, welches mich rubbeldiekatz frösteln macht, wenn ich ohne jegliches Einvernehmen, bar jedes Einverständnisses auf bizarre Redensarten reagieren soll, sondern auch deshalb, weil ich zum Komplizen einer mittlerweile unerträglich um sich greifenden Infantilisierung einvernommen werden soll. Als würden die heute fähnchenschwenkend Corso hupenden und wegen eines Gegentores morgen flennenden Jungmänner allerorten nicht schon langen.
Erst wusste ich gar nicht so recht, was das heißen soll: rubbeldiekatz. Sprechpragmatischer Zusammenhang und semantische rubbel- Konnotation prägten aber dann umso nachdrücklicher die Intuition: Da muss es um ein neues Pflänzchen auf dem Wörterfeld der Zügigkeit gehen. Hier aber steht doch schon einiges herum? Bewährtes, Vernachlässigtes, Schönes. Es muss durchaus nicht immer schnell oder fix zugehen. Flugs und rasch wären ganz gut gegangen, wacker oder gar katapper hätten den Dialog um eine ironische Note bereichert, aber nein: Es musste ein Lehrstück geboten werden deutscher Biederkeit und Anpassungsbereitschaft an das allzu Forsch-Witzige, getarnt als Kinofilmtitel.
Zwischen zwei Alternativen war nun zu wählen: Rubbeldiekatziger Aufbruch oder fesseln der Nachbarin, füttern mit einer Handvoll Kieselsteinen und Stigmatisierung mittels eines Westerwellschen Pferdebrandstempels. In Ermangelung des Letzteren tat ich dann ersteres; meinen Wein trank ich aber doch noch aus. Der war gar nicht schlecht.
Zwei Tage später stellte sich dann exakt dasselbe Problem und zwar nach einem Gespräch mit dem Erzieher der Körper der Kinder meiner Klasse 7; Rubbeldiekatz waren die vom Schauplatz der regengepeitschten Bundesjugendstätten entwichen, hatten also Reißaus vor hiobmäßigem Unwetter genommen, weswegen nun klärende Hintergrundgespräche zu führen waren, denn so geht es ja nicht! Keinen Sportsgeist, die verweichlichten Zuckerschlecker.
Doch wie beraten mit einem Akademiker, der sich intellektuell an putzigen Wortspielereien für Vierjährige orientiert? Da kann er sich ja gleich in Micky-Mouse-Unterhose vor mich stellen und um ein Gespräch bitten. Schlimm genug, dass der Kindsgeist mir auch noch kräftemäßig überlegen ist, weshalb ich an grausame Züchtigungsmaßnahmen in diesem Fall nicht ernsthaft denken konnte. Meine Rache fiel entsprechend mau aus: Gesprächswünsche wegen Termindrucks nur in meinem Dienstzimmer nach vorheriger Vereinbarung mit der Sekretärin. Von wegen rubbeldiekatz mal eben so!
Layout by ichichich.