März 2012 |
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Der Mensch ist des Menschen Freund- vielleicht nicht immer, aber doch der wichtigste und zumeist der beste. Kern des Weimarer Anlasses wäre dieses, wenn ich einen herausschälen sollte. Tieferer Grund. Auch der prosaischen Reflektionen (Wissenschaft war´s ja doch nicht) über Gestein, Farben und Anatomie.
Doch wozu dieses manische Rückbesinnen auf griechische Helden, Frauen, Inseln, Familien, Stoffe, Küsten, Form? Edel, hilfreich, gut; sicher, sicher- doch wenig edel und gut ging es oft genug zu bei den Urworte sprechenden und Geometrie erfindenden Antiken, wenn Prometheus in Kaukasischer Einöde festgekettet sich täglich die Leber hat herauspicken lassen müssen vom hungrigen Federviech oder Achill im Tempelbezirk des Apoll raubt und vergewaltigt?
Und auch Iphigenie hatte es ja durchaus nicht schön im Tempelhain der Jagdgöttin Diane auf Tauris, beladen mit verfluchter Familiengeschichte, verschleppt in die Fremde, begehrt von geilen Kriegerhorden, ausgeliefert dem königlichen Jungmann, einsam und fragil beschützt bloß von einer imaginären, durch und durch imaginären Chimäre, eben Diane. Das Göttliche... ach Gott, ja sicher, aber Gott? Nicht bei Goethe.
Eine determinierte Iphigenie. Keine
Goethesche
Denken, Erziehen, Befreien. So schon eher. Iphigenie lässt sich nicht begrenzen, weder emotional noch intellektuell noch in ihrer Menschenfreundlichkeit. Nicht wegen ihrer traumatischen Familiengeschichte zerbricht sie, sondern trotz ihrer Familiengeschichte entwirft sie ein pädagogisches Therapieprogramm für Traumatisierte, seelisch Verwundete und emotional Verkrüppelte; wird heilsam für andere, erst für Bruder Orest, dann für König Thoas. Eine moderne Ärztin und Didaktikerin. Utopische Projektion? Sicher. Aber eine, die den Mythos belebt. Und eine, die ihm widersteht.
Die Feuerbach-Iphigenie: Trauer, Sehn-
sucht? Ja, aber keine Mauern!
Neben Iphigenie ist es die zweite großartige Frauenfigur im Oeuvre G.s, Makarie aus den Meister-Romanen, deren vordringliches Talent und Interesse der Erziehung eines neuen, eines besseren Menschengeschlechtes gilt. Eine späte Schwester der Iphigenie. Ideal, nicht idealisiert!
Auch Kassandra etwas weiter nordöstlich kämpft und leidet nicht weniger leidenschaftlich. Sie hat aber dennoch das Interesse Goethes nicht wecken können, oder nur wenig. Obgleich auch ihr Schicksal urtypisch wurde für das Schicksal und den Auftrag des modernen Menschen: Es besser zu machen, sich zu behaupten ohne Loyalität einzubüßen. Doch Kassandras Umfeld, ihre Bedingungen werden übermächtig. Ein Mythos daher wenig geschaffen für Weimar, eher für die Postrevolutionäre der Büchner-Zeit und Sozialapokalyptiker der Heißen und Kalten Kriege des 20. Jahrhunderts. Christa Wolfs Iphigenie-Cousine zerbricht an den Troja- Intrigen der Herrscherclique; Objekt gewordener Spielball in den Händen ihrer Feinde innerhalb und außerhalb der so geliebten Heimat. Determiniert durch und durch, ohne Hoffnung. Eine Anti-Iphigenie, mit deren Schicksal die Auseinandersetzung sich wieder mehr und mehr lohnt. Leider!
Layout by ichichich.