Februar 2012 |
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Angela Merkel tat und sagte in jünger Vergangenheit zwei ausgesprochen merkwürdige Dinge. Zum einen, dass der eben noch bis aufs Blut befeindete Joachim Gauck nun doch kurzfristig Bundespräsident spielen solle. Wahrscheinlich ist das eine ganz gute Wahl aber die Entscheidung und wie sie zustande kam- schon seltsam. Es wird da gar nicht mehr der Versuch gemacht, so zu tun, als gebe es wenigstens noch ansatzweise freie Wahlen, Pluralität oder sonst irgendwie geartete demokratische Strukturen bei der Besetzung dieses Amtes, innerhalb derer einmal gemeinsam gedacht, diskutiert und abgestimmt werde. Denn noch während CDU- Fürsten landauf landab ebenjenen Gauck ausschlossen mit der nicht ganz von der Hand zu weisenden Begründung, das sei nach der Vorgeschichte demütigend für die Partei und im Übrigen sei Gauck ein Grün- oder noch schlimmer: FDP- Mann, hockte die Krisen-Lady im Kanzleramt und rief den verdutzten Ex-Pfarrer an, der seine ersten Gespräche in dieser Angelegenheit nach eigener Aussage ungewaschen, sprich: völlig unvorbereitet führte. Der Hintze-Kopf (noch so ein Pfarrer... Gibt´s denn keine Lehrer mehr im Parlament?) war noch gar nicht abgekühlt von all den wulffigen Schlachten in den Berliner TV- Studios.
Das Votum ebenjener CDU-Granden jedenfalls, geschweige denn jenes der Parlamentarier scheint da wirklich niemanden mehr zu interessieren; jedenfalls niemanden, der etwas zu sagen hat, also A.M. Hintze... na gut- aber ich hätte doch gedacht, dass es schon noch irgendwo das eine oder andere Schwergewicht geben würde. Wie man sich täuscht... Ganze Arbeit gemacht, Madame!
Etwas länger zurück liegen eigenartige Verlautbarungen Merkels zu dem innerparteilichen Vorstoß, demzufolge Kinderlose eine Abgabe zahlen sollten, da sie in überproportionaler Art und Weise von Sozialtransfers profitierten ohne aber selbst für entsprechende Einnahmen zu sorgen. Merkel war sogleich zur Stelle und hielt es für wenig zielführend, Menschen einzuteilen in kinderlose und Kinder habende. Interessant, interessant- impliziert diese Formulierung doch, dass es ein nämliches Ziel gibt (also offenbar jenes, Familien mit Kindern besser zu stellen), der aktuelle Vorschlag aber die geeignete Methodik zu seiner Erreichung noch nicht darstelle. Interessant aber auch, weil ich beispielsweise es mein Leben lang gewohnt bin, entweder als Kind oder als Vater taxiert zu werden. Und zwar spätestens immer dann, wenn der Staat mit mir in Kontakt zu treten wünscht, etwa als steuereintreibende Behörde.
Mütter wären sicherlich erfreut, wenn der Staat als Arbeitgeber im Sinne des Kanzlerinnenwortes auf derlei Differenzierungen künftig verzichten könnte und Karrierewege nach Kinderzeiten offen hielte und solches auch von anderen Arbeitgebern verlangte. Wenn der Behördenleiter oder die Personale sagten: Ja, Sie haben nun zwar neun Jahre wegen Ihrer Kinder in Elternzeit verbracht aber es ist nicht zielführend, Sie deshalb nicht mit erweiterten Aufgaben zu betrauen und Sie mit einer höheren Besoldungsgruppe zu belegen.
Die besagte Unterscheidung ist also gewissermaßen die normalste, die sich nur denken lässt und fest verankert in unserem Gemeinwesen. Wer das als Kinderloser nicht glaubt, führe einen einfachen Selbsttest durch: 3-jähriges Kind ausleihen und um 19.30 Uhr für zwei Stunden beim Italiener einkehren. Da bekommt man rasch praktischen Anschauungsunterricht in Sachen Zielführung. Mitgäste und Angelo werden auf Gezappel und Ich-will-Cola!- Geplärre sicherlich nicht gutmütig mit einem Es ist nicht zielführend...- Verständnis reagieren (jedenfalls, wenn man nicht gerade Bundeskanzlerin ist). Dafür garantiere ich. Wie gesagt: eigenartige Dinge spricht die Frau. Das empfinden nicht nur griechische Premierminister so.
In der Folge des Merkel-Diktums dann sofort eine Flut von Kommentaren und Leserbriefen der Wut-Bürger; heilige Entrüstung, wo man las. Man vergesse ja wohl herzlos all die Millionen von ungewollt Kinderlosen, die nun durch Zwangsabgaben auch noch bestraft würden! Dies der Tenor. Eine solche Überinterpretation muss die Kanzlerin nicht auf die Narrenkappe nehmen. Von Strafe hat sie nicht gesprochen. Sie nicht.
Und um Strafe geht es auch nicht. Es geht in volkswirtschaftlichen Fragen in erster Linie um leidenschaftslose Mathematik. Hier um die Frage, ob der Saldo der Kinderlosen günstiger ist im beschriebenen Sinne. Keineswegs geht es um Sanktionen oder um die Bewertung von Lebensentwürfen.
Es mag sich dann bei einer solchen Betrachtung ergeben, dass der Vorschlag ungerecht ist (obwohl auch dies so ein seltsames Kriterium ist im Politischen, denn Gerechtigkeit ist doch wohl nur in egalitären Systemen realistisch, die aus anderen weltanschaulichen Gründen niemand will!); doch all das aus Leidenschaft und impulsiver Empörung schon vorab wissen zu wollen, erscheint mir geradezu merkelmäßig merkwürdig.
Layout by ichichich.