Januar 2012 |
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Kapitäne, Minister und Präsidenten müssen erklären, warum sie nicht ins Wasser, sondern praktischerweise gleich ins Rettungsboot fielen, warum dutzende Neubeamte mit FDP-Parteibuch besser geeignet für die Aktenverwalterei sein sollten als ohne oder warum verbilligte Hauskredite und geschenkte Luxusreisen keine Vorteilsannahme darstellen. Sie winden sich allerliebst, das Publikum buuuht pflichtschuldig und fühlt sich im Übrigen irgendwie berührt, jedenfalls unterhalten.
Wer verrichtet aber in der Zwischenzeit eigentlich die doch sicherlich recht anständig dotierte Tätigkeit? Bleibt Zeit bei all dem Lamentieren, Erläutern und Verteidigen, um zu arbeiten? Ich vermute, das ist nicht so und ich vermute auch, dass das nicht weiter schlimm ist.
Eine Reiseindustrie, die auf Jet-Set- Kähne setzt, von denen allein die deutsche AIDA-Flotte 10 unterhält, die gemeinsam einen jährlichen Dieselausstoß im Gesamtumfang aller deutschen PKW fabrizieren, wird schon noch irgendwo einen Beau finden, der rasch umschult auf Kapitän. Und Entwicklungsministerium sowie Bundespräsidialamt können von einer Auszeit ihrer Hausherren eigentlich auch nur profitieren.
Insbesondere im Zusammenhang mit den beiden letztgenannten frage ich mich aber wieder einmal: Wie sieht´s denn eigentlich aus mit Opposition? Ich vermisse jeglichen Versuch, diesen ungeheuerlich dilettantischen Materialisten einmal etwas Substanzielles entgegenzusetzen. Also etwas, das hinausgeht über Rücktrittsdiskussionen oder die Erbsenzählerei weiterer Details und immer neuer Unappetitlichkeiten. Das Grundmuster ist nun wirklich hinlänglich bekannt: Niebel ist nicht nur ein arger Unsympath, sondern ein übler Vetternwirt, der, bevor auch sein Schiff kentert, seine Auslese trifft. Und Wulff ließ und lässt sich teuer dafür bezahlen, dass seine Günstlinge in seinem Lichte baden dürfen. Neue Pointen sehe ich da nicht.
Was ist links? fragte Wolfgang Koeppen. Mit der Antwort tat er sich schwer aber immerhin stellte er sein Schreiben in den Dienst einer unterprivilegierten Klasse (die das im Zweifel 1950 genauso wenig zu goutieren wusste wie heute!) und wandte sich ausdrücklich gegen Intoleranz und Raffgier. Koeppen war hellsichtig genug, um das Grunddilemma einer links-progressiven Haltung im Rahmen einer prosperierenden, bürgerlichen Umgebung deutlich zu erkennen: Das Auskommen ist und bleibt wesentliche Triebfeder des täglichen Tuns, also im Falle des Schriftstellers die Schriftstellerei- und sei sie noch so ambitioniert. Wasser predigen, Wein trinken. Die Verlockungen sind da stärker als die Überzeugungen, jedenfalls- im günstigen Fall- ein bisschen.
Links sein aber bedeute, so Koeppen, doch vor allem auch die bewusste und konkrete Integration in umgebende Beziehungszusammenhänge. Sozialismus ist, sich (und nicht nur Kapital oder neuerdings: Schulden): zu sozialisieren. Didaktischen Ideen in der Schule von der Organisation eines partnerschaftlichen Miteinanders brachte das daher immer reflexhaft Ideologievorwürfe ein.
Koeppen sieht den Linken links im unmittelbaren Lebensvollzug und da hapert es natürlich hinten und vorne. Wer ist, außer den Nazis oder der Porsche-Fan-Clubs, schon noch bereit, im Geiste einer Idee sich gemeinsam zu sammeln und zu arbeiten (welch garstiges Wort!). Bin ich es? Ganz sicher...
Nun gut- Koeppen hinzufügen könnte man da sicherlich so einiges, zum Beispiel, dass linke Positionen sich speisen aus historischen Zusammenhängen. Der SPIEGEL will ja ganz offenbar nicht mehr als links gelten, früher war das aber sicherlich anders und das Bekenntnis zur Historizität gibt es auch heute noch überdeutlich.
Links sein heißt in der Summe also sicherlich sehr viel mehr, als den Links-Klick auf den itunes-Store zu unterlassen. Eine linke Kritik müsste eine öffentliche Debatte anstoßen, ob politische Spitzenämter tatsächlich mit Menschen besetzt werden sollen, die weitgehend ahistorisch- antiintellektuell, dafür offensichtlich weder in festen politischen, religiösen oder sonstigen Mentalitäten verankert sind? Ob pragmatische Manager ihrer selbst nicht besser in der Deutschen Bank oder im Dschungelcamp aufgehoben sind? Ob das Politische nicht immer auch das Geistige fordert?
Wer nun aber mit links sein in allererster Linie eine Position auf der Autobahn assoziiert, wird wohl auch in Zukunft die falschen Fragen stellen.
Layout by ichichich.