Oktober 2011 |
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Im Februar 1996 besuchte ein Freund mich mit 24 FloppyDiscs, auf denen die Welt oder doch wenigstens die Fenster zu ihr neu erfunden sein sollten und zwar vom Meister selbst, der damals selbstredend noch nicht Steve mit Vornamen hieß, sondern Bill(y): windows 95 war angesagt!
Ich hatte gut vorgesorgt, zu essen beschafft und ein schönes, kölschig-bauchiges Pittermännchen. Der Abend, das wusste jeder, der damals den DOSen unter den Deckel wollte, würde lang und emotional entbehrungsreich werden. Allein das Hin- und Verwechseln der Disketten nahm Zeit in Anspruch. Stets drohte GAU, sprich Systemabsturz und schlimmeres Ungemach (Ich hoffe, du hast das noch irgendwo gespeichert?). Außerdem musste auf der sogenannten Dosebene in schrägster Informatiker-Syntax ein Backup anbefohlen werden, wozu Fachliteratur sowie dutzende Disketten vorzuhalten und zu etikettieren waren; jede verblieb 5 Minuten im Schacht bei asthmatisch röchelndem Geratter und Geklirre. Gebannt starrte man auf den Bildschirm und rechnete sekündlich mit einer der vielen hundert möglichen Mobbing-Regel-Meldungen á la: Modul xx01110y verursacht einen schweren Ausnahmefehler. Der Vorgang wird abgebrochen. Die immerhin in der Muttersprache gemachte Meldung durfte man dann wenigstens noch mit einem Klick auf Bestätigen bestätigen. Für die in diesen Fällen an sich einzig angemessene Reaktion, nämlich das Gerät zum Fenster herauszustürzen und sich Freund und Pittermännchen unter anderen Gesichtspunkten zuzuwenden, fehlte mir schlicht und einfach das Geld.
Es galt daher, sich abzufinden. Sich fremdbestimmen zu lassen vom Medium. Sich determinieren zu lassen von der Tücke des Objekts. So, wie unsere Urahnen sich arrangieren mussten mit der Tatsache, dass das Feuer nicht beherrscht werden konnte und Leoparden & Löwen die Familie stetig dezimierten. Ein CD-Laufwerk hatte ich nicht (schon gar kein internes! Jahre später erst gaben die Marktschreier bei Saturn damit an, ihre Kisten hätten nun gar eingebaute CD-Laufwerke mit 4-facher Lesegeschwindigkeit).
Gerade eben nun habe ich mir den Löwen eingespeist. Aus dem Mac-App-Store seine 3,5 Gb Leibesfülle (das 35 fache an Datenvolumen wie weiland meiner Festplatte (der des Computers, wohlgemerkt) zur Verfügung stand) geladen und binnen 33 Minuten aus dem Schnee-Leoparden einen echten König gemacht- sagt jedenfalls der Computerobst-industrielle Komplex. Inklusive Magic-Mouse-System und Fotostream-Option via iCloud sowie 249 weiterer features! Ja, und was soll ich sagen: Ein Pittermännchen hat´s nicht gebraucht. Auch keinen freundlichen Freund, keiner Fachliteratur und keiner Schnittchen. Alles ganz easy. Ist das der Fortschritt? Ja, natürlich: Das ist er. Was sonst!
Nun war das Nettozeit! Brutto hat es viel, viel länger gebraucht, denn die werbetreibende Apfelindustrie verschweigt geflissentlich, dass es erheblicher Vorbereitung braucht, bevor man entschweben kann in der Wolke und mit der Wolke. Recherche war also angesagt. Quälendes Geklicke durch die immer selben Besserwisser-Foren. Nervtötende Desinformation, schrille Ungenauigkeiten, eklatante Dummheit.
Ich erliege diesen demütigenden Kommunikationsprozeduren aber nichts desto weniger immer wieder. Stundenlang sitze ich nach 23.45 Uhr fassungslos vor dem Bildschirm, um mich von Nerds und Zombies, die mal eine halbe Stunde aus der Warcraft hinüberzappen in eine Welt, die sie real finden (also das Internet), darüber belehren zu lassen, dass die iCloud eben nur mit aktueller iPhoto-Variante läuft. Und keine Leoparden beherbergt oder Schnee-Leoparden, sondern nur und ausschließlich über dem Löwen schwebt. Und wie naiv ich denn eigentlich sei?
Gucken Sie hier, laden Sie dort, bezahlen Sie jetzt. ähhh, nein: Guck hier, lade dort, bezahle jetzt. Alles immer ganz einfach, aber natürlich nur für das zahlende Gemeindemitglied, das sich dem kommerziellen Idiktat unterwirft. Und siehe: Ich tue es! Obwohl ich´s durchschaue, wie man wohl sieht. Warum also? Ich glaube, nur aus einem einzigen Grund. Eine andere Erklärung gibt es nicht, als: Damit es läuft! Damit es läuft.
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