So neu ist die iCloud ja gar nicht. Ich habe schon vor 3 Jahren mit der Jobschen Wolke unter mobile me experimentiert. Das erschien mir damals alles wenig hilfreich. Größere Datenmengen hochzuladen scheiterte ganz schnell am Physischen, nämlich an einer zu lahmen Uploadgeschwindigkeit (
Datei-Upload beendet in: 4 Stunden 44 Min). Und richtig frustrierend wurde es, wenn der Server ungefragt begann, statt von der einen in die andere Richtung zu synchronisieren, wie Apple das Vernichten von bestehenden Daten nennt.
Sicher und ja, man kann das steuern, man kann das kontrollieren. Den Endgeräten kann der findige
user anbefehlen, die Daten auf dem Heimrechner zu belassen und nur die auf dem Server anzupassen. Nur:
Wer kann das steuern?
Wer kann das befehlen? Ich jedenfalls wackele da immer.
Falscher Mausklick, fatale Konfiguration bei Itunes und schon löst sich die Musikbibliothek des Töchterchens synchronisierenderweise in 10 hoch 41 Atome auf (übrigens höchst interessant dieser Aspekt: Wohin verschwindet, was verschwindet? Der interdisziplinäre Lehrstuhl
theologische Informatik wäre ein zu gründender), oder, noch schlimmer, wird ersetzt durch jene des Nerd-Papas. Wie ich die Tränchen des Mädchens trockne? Das ist Steve gleichgültig aber wer weiß, vielleicht ja gibt´s bald eine App dafür. Man empfehle aber bitte keine Taschentücher; das wäre gar zu zynisch.
Hier könnte mein Beitrag zuende sein, müsste vielleicht sogar, um doch endlich mal knapp und lesbar zu sein. Immer diese Schwadroniererei. Das ist furchtbar! Es geht aber um die Zukunft und da kann ich es mir so einfach nun einmal nicht machen. Die Zukunft jedenfalls, so die Apologeten der digitalen Träume, liegt definitiv in jener Wolke und diesmal nicht wegen irgendeines technischen Firlefanzes oder eleganten
Neu-Gadgets. Diesmal geht es um Höheres; um nichts weniger nämlich als um die Neuerfindung des Ich.
Das Ich definiert sich bei den Wolkenbewohnern neobuddhistischerweise über Objektlosigkeit des Besitzes einerseits. Und andererseits über die Vorstellung, dass alles, was des Besitzes überhaupt lohnt, Platz findet in jener imaginären Wolke (die prosaischere Menschen auch ruhig "Server" nennen dürfen). Ironischerweise also, wenn auch ex negativa, über den Besitz. Seltsam genug. Aber mit Seltsamkeiten hat man es ja allerorten zu tun und warum sollte das ausgerechnet anders sein, wenn es um die Neuerschaffung menschlicher Identität geht.
Hergezogen: Das Ich
Was findet nun also in solch einem Wölkchen Platz!? Alles, natürlich! Und nichts weniger. Was uns eben so ausmacht. Musik natürlich, Bücher, Ideen, Bilder, Gedanken. Aber auch soziale Kontakte organisieren die Anhänger dieser neuen Ich-Idee als Schwebegut in virtueller Wolke und nennen das dann
facebook oder
twitter.
Leo Babauta (
How to minimalism in steps) reitet der Bewegung als einer ihrer Zeremonienmeister im Wolkenkuckucksheim gewissermaßen vor, hoch zu Ross- natürlich. Ein
Zen-Minimalist, der sich seines irdisch-schnöden Besitzes weitgehend entledigt hat. Auf kritische Einwände findet er umstandslos metaphysische Entgegnungen; Kernkompetenz eines jeden Sektenführers!
Ärgerlicherweise bedarf aber auch Zen-Leo ultramoderner High-End-Geräte, denn so ganz wird Steve Job sich selbst nicht virtualisieren. Bekanntermaßen bleibt bei Apple auch die wolkigste Geschäftsidee immer hübsch der Produktfamilie verhaftet: Kein
star star star der Stones aus der Wolke ohne Ipad, Iphone, Ipod, Imac, Istar, Iweiß-nicht-was. Denn trotz aller Bekenntnisse: Die Welt verändern will die Apfel-Philosophie nicht und ohne stoffliche Gebundenheit gibt´s nun mal keine materiellen Status-Symbole, von und mit denen es sich so prima leben lässt.