Die Buddenbrooks- Gäste freuen sich nicht auf´s Essen, sondern "verbleiben eines nahrhaften Bissens gewärtig." Thomas Manns Joseph "liebt" nicht, sondern "nähert sich einer Sphäre verliebter Wollust". Dergleiche artifizielle Wendungen wirken sicherlich einigermaßen verschroben. Doch ist ihnen eigen auch ein enorm ironisches Potential, welches sich einer analytischen Beschreibung weitgehend entzieht, jedenfalls mir. Man ist, um es wahrzunehmen, auf Intuition und Empfindung angewiesen, vielleicht auf Genussfähigkeit. Ästhetische Qualitäten sind das, die kaum zu greifen, nicht zu lehren sind. Und so ist das generell mit der Textkunst: Durch ihre
gemalten Fensterscheiben blickend empfinde ich Leuchten und Klingen; doch was da leuchtet und klingt? Und warum eigentlich? Ich weiß es nicht so genau.
Ich weiß aber, dass sie treu und zuverlässig sind- diese leuchtenden und klingenden Empfindungen. Meine Intuitionen stimmen, die mit ihnen verknüpften Urteile auch, jedenfalls oft... Und das gilt für eigentlich alle ästhetischen Phänomene: Ein hübscher Junge dekoriert sich mit der lässig übergestreiften roten, grünen oder schwarzen Drei-Streifen-Jacke auf das Allervorteilhafteste. Tauscht er sie ein gegen die zugehörige Hose- schon sieht´s prollig aus, irgendwie scheiße. Warum ist das so?
Genauso rätselhaft verhält es sich mit Sprache, diesem vielleicht spektakulärsten Aspekt menschlicher Evolution. Über den Sonderfall der Amerikanisierung des Deutschen ist ja
hier und
dort einiges gesagt worden. Indem das denglische Geschwafel Anlass gibt zu humoristischen Betrachtungen und beißendem Spott ist es mir natürlich absolut willkommen.
Solchen verdient haben aber natürlich auch ganz andere Verbal- Erscheinungen, zum Beispiel die Doofmannwörter, vor allem die Doofmannwörter. Was sind Doofmannwörter? Doofmannwörter sind Wörter, die Doofe sagen, weil sie doof sind. Sie sind doof, weil sie Doofmannwörter sagen; indem sie Doofmannwörter sagen. Leute sind das, wie der Kölner "Kulturredakteur" Markus Schwering, dessen
hanebüchne Geschwätzigkeit ich stilistisch irgendwo zwischen den Formalismen der Unteren Landschaftsbehörde und dem Jargon der stylishen Kultur- Lebensart- Schickeria verorte.
"Verorten"; das ist so ein Schweringsches Doofmannwort. "Sottise" ist auch eins. "Freilich" erst recht. Der "Gutmensch" gehört dazu, die "Evaluation", das "fürderhin", die "Lehrkraft", das "aufputzen", "Aspekthafte" und "Nämliche"; "selbstredend".
Wörter, die ich hingegen gerne mal öfter läse (neben all den hübschen Erscheinungsformen des Konjunktivs I), sind "vorsprechen", "anheischig machen", "Pampelmuse" (überhaupt alles mit "muse" oder "Muse"), "höchlich", "unken", "spähen", "löblich", "obwalten" und 126 weitere. Was sie unterscheidet von den Wörtern der Doofmänner- und frauen? Wie gesagt: Ich habe keine Ahnung.