Vidiadhar Surajprasad Naipaul bereichert seit 1989 den Adelsstand und darf schlicht Sir Vidia angeredet werden. Das ist wahrscheinlich ganz gut so für Journalisten, denen schummrig wird bei gleich 12 Vokalen in einem Namen.
Illustration: Burkhard Neie
Sir Vidia schreibt keine Romane mehr. Das ist für einen weltberühmten Romancier und Literaturnobelpreisträger ungewöhnlich genug aber aufgefallen ist er mir aus einem anderen Grund und zwar, weil er einigermaßen schonungslos mit dem Kino, genauer, dem Film abrechnet: "Was heute vom Kino übrig geblieben ist, ist meines Erachtens ein Witz. Ohne Substanz, ohne Anspruch an die Phantasie, ohne Nährwert." Kurz bevor ich das las, sah ich einen in der Karibik (wahrscheinlich war es aber doch nur das Ijsselmeer) angesiedelten Piratenfilm in "3D". Die besten 3D-Effekte gab es vorher in der Haribo-Werbung aber die 12,-€ Eintritt wollen ja irgendwie gerechtfertigt sein. In dem Film selbst passierte auch nicht viel, bemerkenswert lahm stolperten die sonst so sportlichen Piraten durch die Kulissen, pieksten sich zwischendurch mal mit dem Degen- man kennt das seit Jahrzehnten. Gääähn! Parken 5,-€, Popcorn 4,-€!
In diesem Sinne beschwerte ich mich bei der Kinoleitung und wie ich schon mal so schön dabei war, gab ich meinen Unmut über die Seichtigkeit des Programms im Allgemeinen zu Gehör- in einem UCI-Ketten- Kino, übrigens.
Das ist ja ungefähr so, als würde man sich beim Katholischen Priester beschweren, dass die Messe zu textlastig wäre und umso erstaunter war ich, dass man mir unumwunden Recht gab! Ja, alles viel zu teuer und der Qualitätsfilm habe es ob des großstädtischen, mehr und mehr bildungsfernen Banausenpublikums sehr schwer. Das tat gut- wie immer, wenn die eigene Wahrnehmung bestätigt wird. Wahrscheinlich ist ja auch wenigstens in München wieder einmal alles viel besser und vielleicht ziehe ich endlich einmal um. Und demnächst versuche ich´s mal bei dem steifen Kirchenmann.
Sir Vidias Generalabrechnung ist mir jedenfalls sehr sympathisch, wie er da von seinem irischen Cottage aus die westlichen Kulturtraditionen zerfetzt, inspiriert von der Weisheit des tanzenden Gottes Shiva mit dem Feuer der Zerstörung in der Flosse. Da liegt es tatsächlich nahe, der Kreativität abzuschwören und nur noch Sachbücher zu schreiben- vielleicht legt Shiva dereinst sein Feuerchen noch einmal woanders, jedenfalls aus der Hand, um sie frei zu haben für eine kleine Session mit dem Trömmelchen der Schöpfung, das derzeit noch stumm in seiner anderen Hand ruht.