Ich kann gar nicht so viel fressen...
Max Liebermanns Assoziation zu einem Nazi-Fackelzug kommt mir dieser Tage nicht aus dem Sinn, in denen die eben noch unbedingt Dafür-Gewesenen den AKW-Ausstieg so vehement fordern und zwei Tage vor den Klein-Reichswahlen "Ausstieg- aber sofort!" brüllen. Und dann tagelang (statt zu arbeiten, natürlich) nach rhetorischen Tricks suchen, um die 180 Grad-Kehre nicht wie eine 180-Grad-Kehre aussehen zu lassen, sondern wie etwas ganz Konsistentes, sich folgerichtig Ergebenes, wie eine elegante Gedankenfigur.
Der BaWü-Reaktionär bei "Hart aber fair" vermeinte denn ja auch, vor kurzem seien die Gefahren des Atoms eben noch nicht evident gewesen und auch die Grünen - man hat sie und die Ängste, die sie früher einmal repräsentierten, eben nie ernst genommen - hätten da letztendlich seit 30 Jahren Kaffeesatzleserei betrieben.
Die Herren sollten sich nicht so viel mit ihrem BILD-Image befassen und in TV-Studios lungern, sondern erfahrene, intelligente Gesprächspartner konsultieren und die richtigen Bücher lesen, z.B. "Der atomare Selbstmord" (1988) des ehemaligen Christdemokraten Herbert Gruhl, der die katastrophalen Perspektiven der Atomenergie nach Tschernobyl in exakt jenen düsteren Farben ausleuchtete, in denen sie nun in der Landschaft steht. Von wegen: wir haben´s nicht gewusst! Wir haben es gewusst, wenn wir es haben wissen wollen. Atomkraft, so das zentrale Diktum Gruhls jedenfalls, stellte schon vor dem ukrainischen Mega- GAU nicht die Umwertung der Werte dar, sondern deren Entwertung und zwar mit menschenverachtenden, letztlich tödlichen Folgen.
Droht der Zynismus dieser intellektuell so unbedarften Herrscherkaste dann wegen einer "Indiskretion" (so der seit heute ehemalige BDI-Chef Schnappauf) aber doch einmal gar zu öffentlich zu werden, dann ist´s natürlich der Protokollanten-Depp gewesen, der ausgerechnet an dieser heiklen Stelle den Cheflobbyisten Brüderle nicht so genau verstanden hatte. Der habe natürlich gar nicht gesagt, die AKW seien nur aus wahltaktischen Gründen vom Netz genommen; man möge sich auf Profiteurseite mal hübsch entspannen. Nein, das hat er natürlich nicht gesagt und skandalös im Übrigen, dass man sich nirgends einmal offen und ungestört unterhalten kann.
Ach ja- das Liebermann- Zitat: ... wie ich kotzen möchte! So geht´s weiter.