September 2011 |
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Zu Beginn des Vortrags von Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, stand die hübsche Sentenz Karl Valentins: Wir brauchen unsere Kinder nicht zu erziehen. Sie machen uns sowieso alles nach. Hilgers Eintreten für die Rechte von Kindern orientiert sich dann tatsächlich wenig an erfahrungswissenschaftlichen Ideen aus der Kognitions- oder Bildungsforschung. Ihn interessiert vielmehr, warum Pipi Langstrumpf als lernschwaches Kind aus sozial prekären Verhältnissen keine Drogen nimmt, ein authentischer, glücklicher Mensch ist- mithin, die Resilienzforschung. Dem schönen Phänomen der seelischen Unangreifbarkeit habe ich mich hier auch schon einmal zugewendet- selbstverständlich streng feuilletonistisch. Hilgers greift das auf, zumindest im Kern. Resilient sind Menschen, die gebunden sind. Bindung fällt nicht vom Himmel, sondern wird erzeugt.
Hilgers war jahrelang Politiker in Spitzenpositionen und das merkt man deutlich. Er nimmt Politik und Zivilgesellschaft in die Pflicht, Rahmenbedingungen zwecks solchen Erzeugens zu schaffen, in denen im Sinne kooperierender Bildungspatenschaften, bestehend aus Familie, institutioneller Erziehung, Verbänden, Kirchen usw., ein Umfeld geschaffen wird, in dem Kinder sich sicher, geborgen und respektiert fühlen. Auf diesen Boden dann sprössen (welch herrlicher Konjunktiv!) die schulischen Bildungsbemühungen auf das Schönste.
Das klingt ein wenig nach Sonntagsrede- sicher. Hilgers leitet dann aber konkrete Forderungen bildungspolitischer Natur ab, die sich nicht auf "mehr Geld für alle" beschränken. In ihrem Kern steht die integrative Gesamtschule. Ihre Grundlage ist das Fundament dieser Basis: Längeres gemeinsames Lernen- gegen Segregation und Ausgrenzung. Sie schafft als Ganztagesschule Raum für weiterführende pädagogische oder auch friedenspolitische Aktivitäten.
Nun ja- das alles war vor allem Schulministerin Sylvia Löhrmann ins Stammbuch geschrieben, die, beileibe keine Gesamtschulgegnerin, sich in ihrem Vortrag gar zu stolz erzeigte auf den interfraktionell ausgehandelten NRW- Schulkompromiss. Am anachronistischen mehrgliedrigen System rüttelt der nun in der Tat nicht. Die im Dutzend anwesenden schulfachlichen Gymnasialdezernenten der Bezirksregierung Düsseldorf quittierten es mit feinem Lächeln. Aber immerhin: Es gibt starke, überzeugende Stimmen.
Karl Valentins Sentenz hätte wohl auch als Leitmotto getaugt für den gerade zuende gegangenen Philosophenkongress in München, jedenfalls, wenn man, so wie ich, auf die abstracts der SZ angewiesen ist, um sich eine Kurzzusammenfassung des Disputs zwischen dem britischen Evolutionsbiologen Michael Tomasello und des berühmten "Starphilosophen" aus Pittsburgh, Robert Brandom, geben zu lassen. Gattungsgeschichtlich, so Tomasello, ist menschliche Kommunikation ausschließlich aus tätiger Kooperation zu erklären. Diese Grundlage ist das Fundament der Basis. Konventionalisierung, Sprache, Kultur: Letztenendes gespeist und begründet aus Gestik, Zusammenarbeit und Nachahmung der Vormenschen. Erziehung? War da nicht!
Layout by ichichich.